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Jede konsequente sozialökologische Reform steht vor der Herausforderung, entscheidende Maßnahmen transnational und kontinental durchzusetzen. Zahlreiche emissionsreiche Industrien konzentrieren sich auf verhältnismäßig wenig Standorte und ihre Organisationsstrukturen weisen einen hohen Zentralisierungsgrad auf. Die Europäische Union setzt mit ihrem European Green Deal und den damit verbundenen Programmen einen wichtigen regulatorischen Rahmen. Die grundlegende Architektur der EU wirkt allerdings einem sozialökologischen Umbau entgegen. Die mit dem anstehenden Rück- und Umbau der fossilen Industrien verbundene gigantische Kapitalentwertung sprengt ebenfalls die Handlungsmöglichkeiten auf nationaler Ebene.
Eine ökosozialistische Perspektive bedingt demnach nicht nur einen Bruch mit der Kapitalakkumulation, sondern auch mit der EU. Um das Kräfteverhältnis wirksam zu verändern, müssen sich die Klimabewegung, die Gewerkschaften und vor allem die ökosozialistischen Kräfte auf kontinentaler Ebene organisieren und europäische Konzepte für einen umfassenden sozialökologischen Umbau von Industrien und Energiesystemen erarbeiten. Die Perspektive der gesellschaftlichen Aneignung des gesamten Energiesektors nimmt eine zentrale Rolle in einer ökosozialistischen Strategie ein. Dabei sind unterschiedliche Formen öffentlichen Eigentums von der kommunalen bis zur kontinentalen Ebene zu entwickeln und durchzusetzen.
Einleitung
Zwischen den Herausforderungen der globalen Erderhitzung und den transnationalen Strategien der großen Konzerne einerseits und der zumeist regionalen und nationalen Organisierung der Klimabewegung sowie anderer sozialen Bewegungen und der Gewerkschaften andererseits klafft eine riesige Lücke, die das Kräfteverhältnis mitbestimmt. Diese strategische und organisatorische Lücke schwächt alle Bestrebungen für eine radikale sozialökologische Transformation und macht einen ökosozialistischen Umbruch schlicht unmöglich. Die großen Konzerne konzipieren ihre Strategien auf kontinentaler und globaler Ebene. Die internationale Arbeitsteilung hat sich stark vertieft und erweitert. Viele Menschen sind aus unterschiedlichen Gründen mobil und daher mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten verbunden. Was schon lange offensichtlich ist, wird zur dringenden Notwendigkeit: Alle großen gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen sind in einer transnationalen und globalen Perspektive anzupacken.
Soziale Bewegungen müssen sich über die Staatsgrenzen hinweg organisieren, wollen sie wirksam das Kräfteverhältnis verändern. Transnationale Strategien sind erforderlich, um die Klimakatastrophe wirksam einzudämmen. Die Klimabewegung und verbündete Bewegungen wie die Gewerkschaften müssen allen Maßstabsebenen die nötige Beachtung schenken. Das heißt, zu beachten sind sowohl die lokalen und regionalen Auseinandersetzungen als auch die für die politischen Dynamiken wichtige nationale Ebene sowie die kontinentalen und globalen Prozesse, Verflechtungen und Machtstrukturen.
In Europa ist offensichtlich, dass sich jede emanzipatorische und ökosozialistische Orientierung mit dem Charakter sowie der konkreten Politik und Wirkmächtigkeit der Europäischen Union auseinandersetzen muss. Die grundlegende Konstruktion der Europäischen Union verunmöglicht jede konsequente sozialökologische Reform. Eine ökosozialistische Perspektive bedingt also nicht nur einen Bruch mit der Kapitalakkumulation, sondern auch mit der EU. Zugleich wäre es reaktionär, die Souveränität der Nationalstaaten zu verteidigen und Gesellschaften den Beitritt zur EU verwehren zu wollen. Wie lassen sich diese Herausforderungen und Schwierigkeiten im Sinne einer kontinentalen ökosozialistischen Orientierung auflösen? Dazu skizziere ich einige Überlegungen und Vorschläge.
Wer sich für eine umfassende sozialökologische Transformation einsetzt, steht vor der Herausforderung, Vorschläge für eine europäische Organisierung der Energieversorgung, des Transportsystems, der Sozialversicherungen, des Steuersystems, der Lohnbestimmungen und für die Konversion umweltschädlicher Industrien zu erarbeiten. Diese Vorschläge müssen einerseits an den aktuellen Problemen ansetzen und zugleich in die Richtung einer solidarischen und ökologischen Umgestaltung der Gesellschaften in Europa weisen, allerdings immer unter dem Gesichtspunkt einer globalen Solidarität und universellen Gleichberechtigung aller Menschen. Die voranschreitende europäische Integration sowohl auf politischer und institutioneller als auch wirtschaftlicher Ebene macht es erforderlich, eine ökosozialistische Strategie und Programmatik für den gesamten Kontinent zu entwickeln.
Im nächsten Abschnitt begründe ich, warum sowohl die Klimabewegung als auch eine noch aufzubauende ökosozialistische Strömung eine europäische Perspektive und Strategie entwickeln müssen. Im zweiten Abschnitt zeige ich, warum die EU einer konsequenten sozialökologischen Transformation entgegenwirkt. Leider gibt es derzeit keine breite Debatte über die Perspektive eines solidarischen und ökologischen Europas. Doch – wie ich im dritten Abschnitt dokumentiere – gab es vor rund 20 Jahren bereits Vorschläge, an die man anknüpfen kann. Die EU ist mit einer ökosozialistischen Orientierung strukturell und geographisch zu überwinden. Das begründe ich im vierten Abschnitt. Schließlich skizziere ich im fünften Abschnitt eine europäische Strategie der gesellschaftlichen Aneignung des Energiesektors. Jede Strategie setzt Organisierung voraus. Diese Herausforderung spreche ich im abschließenden sechsten Abschnitt an.
1. Warum eine europäische Perspektive?
Die europäischen Staaten tragen zusammen mit den USA, Japan, Australien, Neuseeland und einigen reichen erdölexportierenden Ländern seit der Industrialisierung und besonders seit der großen Beschleunigung aller wirtschaftlichen Prozesse und ökologischen Zerstörungen nach dem Zweiten Weltkrieg die zentrale Verantwortung für die akkumulierten Treibhausgasemissionen und die Erderhitzung (Steffen, et al. 2015). Allerdings ist dieser Sachverhalt noch immer nicht wirklich im Bewusstsein breiter Bevölkerungsschichten und nicht einmal unter linken Organisationen verankert.
Wichtige und emissionsreiche Sektoren der Wirtschaft weisen einen Netzcharakter auf, wie die Energiewirtschaft oder sie sind sehr kapitalintensiv und mit ihren großen Anlagen von einer Logik der Skalenerträge geprägt wie die Stahl-, Chemie-, Automobil- und Luftfahrtindustrie. Diese Produktionssysteme konzentrieren sich auf verhältnismäßig wenig Standorte und ihre Organisationsstrukturen weisen einen hohen Zentralisierungsgrad auf. Ihre Investitionen rechnen sich erst nach vielen Jahren. Ihr fixes Kapital prägt die Innovations-, Produktions- und Vertriebsläufe in ihren und mit ihnen verbundenen Industrien für viele Jahre oder gar Jahrzehnte. Die wirtschaftliche und technologische Dynamik dieser Sektoren ist von einer Pfadabhängigkeit gekennzeichnet. Das bedeutet, dass die fossilen Strukturen nicht nur langlebig sind, sondern sich nur in großen organisatorischen und geographischen Zusammenhängen sowie durch umfassende Veränderungen der wirtschaftlichen und institutionellen Rahmenbedingungen aufbrechen lassen.
Maßnahmen zur Senkung der Treibhausgasemissionen müssen auf die Veränderung des gesamten Produktionssystems zielen. Viele relevante industrielle Prozesse lassen sich nur auf transnationaler beziehungsweise kontinentaler Ebene verändern. Ein industrieller Um- und Rückbau kann daher nicht in den Grenzen eines Nationalstaats konzipiert und realisiert werden. Darum sind transnationale Maßnahmen zur Emissionsreduktion durchzusetzen. Schließlich brauchen wir Strategien, die auf den demokratisch kontrollierten industriellen Um- und Rückbau zielen.
Die Klimapolitik der Nationalstaaten zielt nicht auf die rasche Reduktion der weltweiten Treibhausgasemissionen, sondern auf die Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität der „heimischen“ Konzerne. Daher ist jede Orientierung auf eine Defossilisierung einzelner Volkswirtschaften zum Scheitern verurteilt. Das Primat der Wettbewerbsfähigkeit führt zu einer Logik der Externalisierung und Verlagerung der Kosten für Emissionsvermeidung. Insgesamt wirkt diese Dynamik sowohl auf globaler als auch kontinentaler Ebene der Reduktion der Treibhausgasemissionen entgegen. Darum sind die Maßnahmen kontinental zu konzipieren und durchzusetzen. Zudem lassen sich auf der europäischen Ebene aufgrund der vielfältigen Ausgleichsmöglichkeiten von Ressourcen wesentlich einfacher Maßnahmen in einer global solidarischen Perspektive realisieren als in und durch Nationalstaaten.
Die Klimapolitik der EU und der sogenannte European Green Deal zielen darauf ab, die Wettbewerbsposition der Konzerne in Europa gegen die Rivalen in Nordamerika und Asien zu stärken. Zentrale Regelwerke der EU wirken einem sozialökologischen Umbau der Wirtschaft einzelner Nationalstaaten als auch auf der europäischen Ebene entgegen. Gegen die in den Institutionen der EU eingeschriebene neoliberale Logik lässt sich nur gemeinsam auf europäischer Ebene vorgehen. Darum würde der Austritt einzelner Länder aus der EU keine Perspektive bieten. Der European Green Deal liegt in der – obgleich modifizierten und den Gegebenheiten angepassten – Kontinuität der neoliberalen Architektur der EU. Darum kann die EU nicht der Orientierungsrahmen für eine sozialökologischen Transformation oder gar einen ökosozialistischen Bruch und Aufbruch sein.
Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich ausdrücklich die kontinentale Ebene in einem Sinne anspreche, der die Gesellschaften von unten verbindet. Die EU ist nicht Europa. In der EU lebt etwas mehr als die Hälfte der europäischen Bevölkerung. Die bei weitem größte Stadt in Europa und die potenziell wichtigste im Klassenkampf ist Istanbul. Die drei großen Produzenten von fossilen Brennstoffen in Europa sind Russland, Großbritannien und Norwegen. Keiner dieser Staaten ist Mitglied der Europäischen Union. Sie sind allerdings für jede Klimapolitik von zentraler Bedeutung.
Russland ist stark von den Einnahmen aus fossilen Brennstoffen abhängig. Ein Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen würde dessen Wirtschaft zerstören. Das faschistoide Putin-Regime will gemäß seiner Energiestrategie 2035 (Götz 2020) die Öl- und Gasförderung in den kommenden Jahrzehnten fortsetzen und sogar ausweiten. Nach dem Sturz dieses Regimes durch die russischen und unterdrückten Völker werden Russland und seine Nachbarländer die Unterstützung der anderen Gesellschaften Europas benötigen. Auch das Energiesystem der Ukraine stützt sich weitgehend auf fossile Energieträger.
Die erforderliche gesellschaftliche Gegenmacht gegen die Macht des Kapitals und besonders des fossilen Kapitals lässt aus den hier genannten Gründen nur auf kontinentaler Ebene aufbauen. Solange die Klimabewegung, Gewerkschaften und soziale Bewegungen nicht zu einer europäischen Strategie mit konkreten Forderungen finden und sich auch auf kontinentaler Ebene organisieren, werden die Kräfte Oberhand behalten, die den fossilen Entwicklungspfad verlängern wollen.
2. Europäische Integration als Herrschaftsprojekt
Eine ökosozialistische Orientierung in Europa steht vor der Herausforderung, sich mit dem Charakter der EU auseinanderzusetzen. Die EU ist in ihrem Fundament, sozusagen in ihrer DNS, ein neoliberales und autoritäres Konstrukt. Ihr vordringliches Ziel ist die Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Konzerne in den großen Volkswirtschaften der EU. In diesem Abschnitt charakterisiere ich die EU und ihre Klimapolitik und argumentiere, dass ohne Überwindung der EU keine umfassenden sozialökologischen Reformen und erst recht kein ökosozialistischer Umbruch möglich sind.
Die europäische Integration war ein zentrales Instrument, um die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse im Sinne des Kapitals zu verändern und ein finanzdominiertes Akkumulationsregime durchzusetzen. Die EU-Regulation überlagerte seit den 1980er Jahren zunehmend die Regulation auf nationaler Ebene und ersetzte dieses teilweise. Die Kräfteverhältnisse auf nationaler Ebene verschlechterten sich. Progressive soziale Bewegungen konnten immer weniger die Politik der Nationalstaaten beeinflussen (Sablowski, et al. 2022: 235).
Der 1997 initiierte und seither vertiefte Stabilitäts- und Wachstumspakt engt die Haushalts- und Wirtschaftspolitik der Staaten unter dem Primat der Begrenzung der Verschuldung und der Inflationsbekämpfung substanziell ein. Er setzt die Mitgliedstaaten zudem dem Disziplinierungsdruck der Finanzmärkte aus. Diese Durchsetzung der marktliberalen Integrations- und Regulationsweise verunmöglicht eine wirksame Sozial-, Klima- und Umweltpolitik und schwächt die Lohnabhängigen massiv. Die Gewerkschaften und die Umweltbewegung vermögen die Entscheidungsprozesse der EU-Kommission oder der EZB auf supranationaler Ebene kaum zu beeinflussen. Die Organisierung auf der europäischen Ebene ist besonders ressourcenaufwändig. Gewerkschaften und soziale Bewegungen können sich auf europäischer Ebene kaum direkt, sondern vor allem nur vermittelt durch Druck auf die nationalen Regierungen Gehör verschaffen.
Die Einführung des Europäischen Emissionshandelssystems ist beispielsweise Ausdruck dieser Ausrichtung (Zeller 2010). Die Regierungen können keine konsequenten Maßnahmen für Umwelt- und Klimaschutz ergreifen, die den Prinzipien des freien Binnenmarktes und den Subventionsbeschränkungen widersprechen. Die EU führt bewusst keine gemeinsamen Sozial- und Umweltstandards und Mindestlöhne ein und widersetzt sich der Harmonisierung der Unternehmenssteuern. Sie institutionalisiert vielmehr einen Wettlauf zu niedrigeren Standards und verallgemeinert damit das Sozial- und Umweltdumping. Die Zusammensetzung der exekutiven Institutionen der EU wird völlig intransparent unter den Regierungen der mächtigen Länder ausgehandelt. Daher genießen diese Institutionen keine demokratische Legitimität. Das Europäische Parlament wird zwar gewählt, hat aber nur einen geringen Einfluss. Der Charakter der EU steht in einem krassen Gegensatz zu einem solidarischen und ökologischen Europa.
Die neoliberale Strukturierung der Wirtschaft betrifft in besonderem Maße den Energiesektor und verunmöglicht eine Defossilisierung. Die EU beschloss in den 1990er Jahren, die Staatsmonopole im Energiesektor zu zerschlagen und schrittweise den Markt für private Konzerne zu öffnen. Die neoliberale Reorganisation vollzog sich bislang in vier Paketen (Yurchenko 2020: 161-163). Das erste Paket 1998 verlangte von den Mitgliedstaaten Großhandelsmärkte für Strom und Gas einzurichten und den Konsument:innen die Wahl zu geben, ihren Anbieter zu wählen. Damit wollte die EU Binnenmärkte für Strom und Gas auf ihrem Gebiet schaffen. Das zweite Paket 2003 erlaubte industriellen und privaten Konsument:innen ihre Gas- und Elektrizitätsversorger aus einem breiten Angebot von Wettbewerbern frei zu wählen. Das dritte Paket berücksichtigte neben dem Anliegen der Energiemarktliberalisierung auch Klimaziele. Es setzte bis 2020 die sogenannte 20-20-20-Zielmarke. 20% Reduktion der EU-Treibhausgasemissionen verglichen mit 1990, 20% Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien im Energiekonsum der EU und eine 20%ige Verbesserung der Energieeffizienz in der EU. Die am 30. November 2016 vorgestellte Clean Energy Directive bildet das vierte Paket, das den EU-Energiesektor stabiler, wettbewerbsfähiger und nachhaltiger ausrichten sollte. Es war darauf ausgerichtet die Energieeffizienz zu steigern, strebte die globale Führung bei den erneuerbaren Energien an und beanspruchte faire Angebote für die Konsument:nnen zu schaffen. Die Energy Union Strategy verband das Ziel einen integrierten europäischen Energiemarkt zu schaffen mit dem Anspruch einer Dekarbonisierung, um den Vereinbarungen der Pariser Klimakonferenz von 2015 nachzukommen. Sie verschob noch stärker als bislang die Energiepolitik von der nationalen auf die europäische Ebene.
Der von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen während der 24. Weltklimakonferenz im Dezember 2019 in Madrid lancierte European Green Deal wurde am 14. Juli 2021 mit dem Fit for 55-Paket konkretisiert. Das Fit for 55-Paket umfasst ein Bündel von Gesetzesvorlagen. Grundlage sind die zuvor im Europäischen Klimagesetz beschlossenen Klimaziele: die Senkung der Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55% gegenüber 1990 und Klimaneutralität bis 2050 (Witt 2024). Diese Ziele zur Treibhausgasminderung sind zu niedrig angesetzt, damit die EU-Staaten einen fairen Beitrag zur Erfüllung des Pariser Klimaabkommens leisten. Die Europäische Umweltagentur schätzt, dass die EU ihr Klimaziel für 2030 um sieben Prozentpunkte verfehlen werde (Witt 2024: 72).
Der europäische Grüne Deal zielt keineswegs auf den erforderlichen industriellen Umbau, sondern ist Europas neue Wachstumsstrategie. Er ist in erster Linie ein Programm zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Konzerne in Europa und der Erschließung von Märkten. Er zielt nicht auf die dringend erforderliche Reduktion des Material- und Energieverbrauchs (vgl. Mahnkopf 2024). Er tastet weder die europäische Aufrüstung noch den Ausbau der Flughäfen und der Autobahnen an. Die Ausweitung des Emissionshandels zur Auslagerung der Emissionsminderung in Länder, wo diese Anstrengungen aufgrund der niedrigen Lohnkosten billiger zu realisieren sind, ist zentraler Bestandteil der EU-Klimapolitik (siehe EC 2019). Die EU-Institutionen und ihr Führungspersonal haben in den letzten vier Jahrzehnten bewiesen, dass sie die Erderwärmung nicht bekämpfen wollen oder können. Trotz seiner wohlklingenden Versprechungen reiht sich der European Green Deal in diese grundsätzliche Orientierung ein.
Diese institutionellen Veränderungen und Programme bekräftigen die Liberalisierungspolitik des vierten Energiepakets. Die Ziele klingen ambitioniert und versprechen eine grüne Wirtschaft(EC 2019): ein klimaneutrales Europa, Kreislaufwirtschaft, Gebäuderenovierungsprogramme, Erhaltung von Ökosystemen und Biodiversität, regionale Landwirtschaft, Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Der Sustainable Europe Investment Plan soll dazu beitragen Mittel für den Green New Deal zu erschließen (EC 2020).
Die zentralen Pfeiler der EU-Klimapolitik sind die Ausweitung des Emissionshandelssystems und der marktbasierte Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM)) zur Vermeidung von „carbon leakage“ und zum Schutz der EU-Industrie gegen CO2-intensive Importe (vgl. Witt 2024). Das 2005 eingeführte Emissionshandelssystem (ETS-1) für die Energiewirtschaft, die Industrie und den innereuropäischen Luftverkehr wird im Rahmen des Fit-for-55-Pakets angepasst (Witt 2024: 73f). Die Emissionsminderungsziele entsprechen in keiner Weise den Anforderungen der Pariser Klimakonferenz. Der Preis für die Emission einer Tonne CO2 bewegte sich jahrelang auf einer fast vernachlässigbaren Höhe von deutlich unter 10 Euro, stieg erst 2018 auf 20 Euro und kletterte 2020 und 2021 für kurze Zeit auf 80 bis 100 Euro. Seit Anfang 2024 schwankt er zwischen 55 und 75 Euro (Trading Economics 2024). Die Lenkungs- und Minderungswirkung bleibt gering. Der Industrie gelang es sogar durchzusetzen, dass die kostenlosen anteiligen Zuteilungen von Verschmutzungsrechten erst bis 2034 schrittweise durch Versteigerung abgelöst werden.
Der Emissionshandel wird ab 2027 auf die Sektoren Wärme und Verkehr (ETS-2) ausgedehnt werden. Doch die Treibstoffanbieter werden alles daran setzen, die Kosten für die Emissionszertifikate auf die Verbraucher:innen abzuwälzen. Der Emissionshandel und die CO2-Steuer belastet trotz teilweiser Rückvergütung die breite Maße der Lohnabhängigen proportional wesentlich stärker als die Reichen (Garnreiter 2019). Die Bepreisung von Treibhausgasen leistet keinen entscheidenden Beitrag, um die Treibhausgasemissionen zu senken.
Mit der Taxonomie für eine nachhaltige Finanzwirtschaft will die EU Anreize für Investitionen in bestimmten Bereichen schaffen. Auf Druck von Frankreich nahm sie absurderweise Atomkraft und von Deutschland Gas in die „Liste nachhaltiger Geldanlagen“ auf (Achouche 2023). Alle diese Programme verschreiben sich komplett der Wettbewerbs- und Wachstumsstrategie der EU und stehen damit im Gegensatz zu einer sozialökologischen Transformation. Die EU unterordnet das, was sie nachhaltige Entwicklung nennt, der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft und damit einer ausgeprägten Wachstumspolitik. Diese EU-Initiativen geben vor, mehrere zentrale Wirtschaftssektoren wie Energie, Industrie und Mobilität ausreichend zu dekarbonisieren. Dazu zählen auch der Aufbau einer eigenständigen europäischen Batteriezellenproduktion sowie einer Wasserstoffwirtschaft (Sablowski, et al. 2022: 246).
Die Europäische Kommission unterstrich mit ihrer „Fit for the Future“ Governance Regulierung – die „umfassendste Reform der EU-Vorschriften zur wirtschaftspolitischen Steuerung seit der Wirtschafts- und Finanzkrise“ –, dass sie das Korsett der Austeritätspolitik wieder enger zurren will. „Die Vorschläge zielen darauf ab, die Tragfähigkeit der öffentlichen Verschuldung zu verbessern und zugleich in allen Mitgliedstaaten ein nachhaltiges und integratives Wachstum durch Reformen und Investitionen zu fördern.“ Es gehe vor allem darum, „die stark gestiegenen öffentlichen Schuldenstände abzubauen“ (EC 2023b).
Diese beiden Ziele widersprechen sich gleich doppelt. Wie sollen die enormen Investitionen für den Aufbau einer nachhaltigen Infrastruktur getätigt werden, wenn die Staaten gleichzeitig zur Austerität angehalten werden? Zugleich schiebt die EU-Kommission die Verantwortung auf die Staaten ab. Eine wirklich europäische Nachhaltigkeitsstrategie würde eine gemeinsam getragene Investitionsstrategie beinhalten. Die EU-Kommission verordnet all jenen Mitgliedstaaten, „mit einem öffentlichen Defizit von über 3 % des BIP oder einem öffentlichen Schuldenstand von über 60 % des BIP“ einen „länderspezifischen ‚technischen Kurs‘“, der sicherstellt, „dass der Schuldenstand auf einen plausibel rückläufigen Pfad gebracht wird.“ (EC 2023b). Die EU-Kommission zwingt damit die Mitgliedstaaten zu einem Austeritätskurs, zu Schuldenabbau und zu Kürzungen im Sozial- und Umweltbereich.
In Reaktion auf Russlands Großinvasion gegen die Ukraine gab die Europäische Kommission am 18. Mai 2022 den REPowerEU-Plan bekannt. Damit will sie den Bezug von Energieträgern diversifizieren und die Abhängigkeit der EU von fossilen Energielieferungen aus Russland verringern, Energie einsparen und die Transition beschleunigen (EC 2022). Tatsächlich ging der Gasverbrauch in den Jahren 2022 und 2023 merklich zurück. Etliche EU-Staaten haben auch den Bezug von russischem Pipelinegas deutlich reduziert, allerdings haben sie gleichzeitig den Bezug von LNG aus den USA, Katar und sogar aus Russland deutlich gesteigert. Die EU-Staaten waren im Juni 2024 der größte Bezüger von russischem LNG, noch vor China (Zeller 2024a).
Eine zentrale Achse der EU-Energiestrategie ist der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur. Food & Water Action Europe (2023) analysierte eine geleakte Unionsliste der „Projekte von gemeinsamem und gegenseitigem Interesse“ (PCI- und PMI-Liste). Die Liste enthält insgesamt 68 Investitionsposten für Wasserstoffpipelines, Speicheranlagen und Ammoniakempfangsanlagen. Verglichen dazu, ist die Zahl von 17 Elektrolyseuren auf der Unionsliste sehr gering. Alle 68 in der durchgesickerten Unionsliste enthaltenen Wasserstofftransportprojekte wurden von der fossilen Brennstoffindustrie vorgeschlagen. Das bedeutet, dass 100 % der vorgeschlagenen Projekte, die als vorrangig eingestuft werden und für EU-Steuergelder in Frage kommen, von der fossilen Gastransportindustrie und den Großkonzernen für fossile Brennstoffe wie RWE, Shell und BP gebaut und betrieben würden. Food & Water Action Europe schätzt, dass die Investitions- und Betriebskosten für den Bau und Betrieb aller 68 Projekte über 20 Jahre hinweg mehr als 100 Mrd. EUR kosten werden. „Das Versprechen des klimafreundlichen Wasserstoffs scheint sich für die fossile Gasindustrie in einen Milliarden-Jackpot verwandelt zu haben.“ Denn nur ein kleiner Teil der für das Label der höchsten Priorität vorgeschlagenen Projekte sind grüne Wasserstoffprojekte (Food & Water Action Europe 2023).
Die Wasserstoffstrategien zielen allerdings nicht darauf die Defossilisierung voranzutreiben. Vielmehr setzen fossile Sektoren wie die Gasindustrie auf Wasserstoff, weil zahlreiche industrielle Prozesse und Infrastrukturen von Gas auf Wasserstoff umgerüstet werden können oder wenn sich das als unrealistisch oder zu teuer erweisen sollte, weiterhin mit Gas betrieben werden können. Die fossile Industrie, vor allem die Gaskonzerne, setzen sich wirksam für umfassende Subventionen für Wasserstoffprojekte ein. Damit verlängern sie ihre fossile Geschäftsgrundlage. Denn es ist vollkommen unklar, wie in derart kurzer Zeit, die erforderlichen Mengen grünen Wasserstoffs erzeugt werden können. Bereits ist offensichtlich, dass der Wasserstoff überwiegend „grau“, also aus fossilen Kohlenwasserstoffen zumeist über Dampfreformierung von Erdgas hergestellt sein wird. Mit Elektrolyseuren durch Elektrolyse erzeugter Wasserstoff ist nur dann grün, wenn er mit Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird.
Die Wasserstoffstrategie Deutschlands sieht vor, dass rund 70 bis 84 Prozent des benötigten Wasserstoffs importiert werden muss (BMWi 2020:5). Wenn periphere, aufgrund ihrer Lage geeignete Länder im Dienste von Deutschland und anderer Länder Europas Wasserstoff aus erneuerbaren Energien herstellen, ihre eigene Energieversorgung aber nicht umbauen können, ist dem Klima nicht gedient. Vielmehr werden damit scheinbar grüne, tatsächlich verlängerte fossile neokoloniale Strukturen durchgesetzt. Die Wasserstoffstrategien verlängern nicht nur den fossilen Pfad, sondern beruhen auf neokolonialer Dominanz. Denn Wasserstoff kann nur gestützt auf ungleiche und imperialistische Verhältnisse einigermaßen günstig aus Nordafrika, Namibia oder allenfalls der Ukraine bezogen werden.
Der Ausbau der Wasserstoffversorgung und -infrastruktur erweist sich allerdings als zunehmend unrealistisch. Auch „grauer“ Wasserstoff erweist sich als teuer und ineffizient. Die Energieeffizienz würde durch „blauen“ Wasserstoff, der durch Dampfreformierung mit Kohlenstoffabscheidung (CCS) generiert wird, zusätzlich reduziert. Mehrere Konzerne, beispielsweise in der Stahlindustrie, haben in den letzten Monaten darüber informiert, dass sie ihre Wasserstoffprojekte trotz enormer staatlicher Subventionen zurückstellen oder sogar darauf verzichten.
Mittlerweile zeigt sich, dass die Strategien, die fossile Energieträger und Prozesskomponenten wie Kohle und Gas durch Wasserstoff nicht realistisch sind. Als Antwort darauf, starten Regierungen und die EU nun eine Hochlaufphase mit der Neuplanung vieler Carbon Capture and Storage Projekte (CCS). Zahlreiche Länder schaffen entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen und stellen hohe Subventionen in Aussicht.
Die Europäische Kommission beschloss am 16. März 2023 Net Zero Industry Act, der Teil des grünen Industrieplans ist (EC 2023a). Er soll Technologien, die geringe bis gar keine Treibhausgasemissionen verursachen, zur Untermauerung der Energiewende vorantreiben. Primär geht es darum einen Cleantech-Markt in Europa zu schaffen. Wasserstoff wird als Schlüsseltechnologie angesehen. Doch angesichts der von den Konzernen nur zögerlich getätigten Investitionen in Wasserstoff soll die Einrichtung einer „Europäischen Wasserstoffbank“ die Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff in der EU sowie Einfuhren aus internationalen Partnerländern unterstützen. Mit der Entstehung eines europäischen Wasserstoffmarkts sollen neue Wachstumspotential geweckt werden. Carbon Capture and Storage (CCS) bildet eine zentrale Achse des Net Zero Industry Act (EC 2023a: 7).
Die Europäische Kommission konkretisiert und forciert den CCS-Einsatz mittels der am 6. Februar 2024 verabschiedeten Industrial Carbon Management Strategy (EC 2024). Die Strategie enthält zahlreiche Maßnahmen, die auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene ergriffen werden müssen, um einen Binnenmarkt für CO2 in Europa zu schaffen und ein attraktiveres Umfeld für Investitionen in industrielle Kohlenstoffmanagementtechnologien zu schaffen. Das heißt, die Kapazität CO2 zu filtern oder absorbieren soll ebenso ein Markt werden, die das Recht CO2 zu emittieren. Damit will die EU einen Finanzmarkt kreieren und mit dem Finanzkapital neue Möglichkeiten zur Platzierung eröffnen. Die EU sieht sich „als globale Vorreiterin“ und strebt die Möglichkeit an, „sich einen wirtschaftlichen Vorsprung bei den Technologien für das industrielle CO2-Management zu verschaffen, die weltweite Geschäftsmöglichkeiten bieten.“ Die EU gesteht ein, dass die „Klimapolitik“ nicht ausreichen wird, bis 2050 „gesamtwirtschaftliche Klimaneutralität“ zu erreichen, darum sind Technologien erforderlich, „um die CO2-Emissionen aus industriellen Prozessen in der EU weiter zu verringern und zu steuern.“ Darüber hinaus müssen „bereits vor 2040 industrielle CO2-Entnahmen aus biogenen und atmosphärischen Quellen erfolgen, wodurch schwer vermeidbare Emissionen in der EU ausgeglichen und anschließend negative Emissionen erzielt werden.“ (EC 2024: 1-2) Damit wird offensichtlich, dass der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas nicht wirklich stattfinden wird.
Diese Technologie verzeichnete in jüngerer Zeit allerdings keineswegs relevante technologische Durchbrüche oder Effizienzsteigerungen, die auch zu einer Kostenreduktion führen würden. Die Technologie ist nur beschränkt wirksam, und zwar nur bei hochkonzentrierten CO2-Quellen. Sie kann höchstens sehr selektiv und zielgerichtet im Rahmen einer vollständigen Defossilisierung sinnvoll sein. Nun wollen die Industrien und Regierungen CCS hochfahren, um den fossilen Entwicklungspfad zu verlängern. Relevant ist, dass CCS sehr energieintensiv ist. Der massive Einsatz von CCS wird also den Energieverbrauch massiv steigern und damit die Energieeffizienz zahlreicher industrieller Prozesse reduzieren. Woher soll diese Energie kommen, nicht nur in den imperialistischen frühindustrialisierten Staaten, sondern weltweit? Es scheint schon unmöglich zu sein, dass erneuerbare Energiequellen die fossilen bei Wirtschaftswachstum vollständig ersetzen können. Es ist ausgeschlossen, dass erneuerbare Energieträger den durch CCS verursachten zusätzlichen Energiebedarf abdecken können. Die Planungen für den massiven Einsatz von CCS bestätigten die Einschätzung: die kapitalistische Entwicklung wird fossil bleiben.
Die stärker die Investitionen lenkende Rolle der EU und der Staaten verändert die Regulationsweise nicht grundsätzlich. Der Neoliberalismus war nie mit einer Bedeutungsminderung des Staates gleichzusetzen. Der Rückzug des Staates war auch zu Beginn der neoliberalen Offensive in den 1980er Jahren selektiv und ging oftmals mit einer Stärkung spezifischer Staatsfunktionen zur Absicherung der bürgerlich-kapitalistischen Herrschaft einher. Die EU-Kommission beharrt weiterhin auf den Prinzipen des 1997 initiierten und seither vertieften und angepassten Stabilitäts- und Wachstumspakts. Die sogenannten vier Freiheiten – also des Waren-, Dienstleistungs-, Kapital- und Personenverkehrs – waren bereits Bestandteil der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft 1957 (Zeller 2006b). Das Finanzkapital steht weiterhin auf der Kommandobrücke des Akkumulationsprozesses, das heißt, über seine Konzentration in Fonds und anderen Finanzunternehmen übt es eine wesentliche Steuerungsmacht über die Verwendung der Ersparnisse und die Orientierung der Investitionen aus (Sablowski 2024). Die EU treibt weiterhin einen Gesellschaftsumbau zur Herstellung eines starken europäischen imperialistischen Blocks voran, ums sich gegen die Rivalen in Nordamerika und Asien zu behaupten und um ungleiche Beziehungen mit den anderen Teilen der Welt durchzusetzen. Die EU ordnet soziale und ökologische Anliegen systematisch der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit unter.
3. Ein anderes Europa: verschüttete Ansätze
Die Debatten über ein anderes, solidarisches und ökologisch verträgliches Europa sind weitgehend verstummt. Wie kam es dazu?
Bemerkenswerterweise gibt es derzeit kaum eine breite gesellschaftliche Diskussion über europäische Perspektiven. Nicht einmal im Vorfeld der Wahlen zum europäischen Parlament im Juni 2024 stellten die Parteien Projekte für Europa vor. Außer einer sozial, grün, liberal oder konservativ gefärbten technokratischen und zunehmend autoritären Sachzwangverwaltung scheint es keine Projekte mehr zu geben. Die Liberalen in allen ihren Schattierungen, einschließlich ihrer sozialdemokratischen und grünen Varianten, bieten auf keine einzige Herausforderung nur annähernd glaubwürdige Antworten an. Es scheint, als gäbe es keine umfassenden gesellschaftlichen Projekte mehr, die zumindest den Anspruch haben, auf die großen gesellschaftlichen Herausforderungen zu antworten. In diese Lücke drängen nationalpopulistische, nationalkonservative und faschistische Kräfte mit ihrer Betonung nationaler Souveränität im Rahmen eines „weißen“ Europas. Das Putin-Regime ist die Sperrspitze dieser Bewegung und treibt sie auf internationaler Ebene voran. In mehreren Ländern und Regionen Europas drängen diese Kräfte an die Regierung oder führen die Regierung bereits an wie in Italien, Ungarn und Russland. Ein Wahlsieg von Trump und Vance könnte eine qualitative Wende zu ihren Gunsten einleiten. Diesen Strömungen ist gemeinsam, dass sie sowohl die mit der Strukturierung in gesellschaftliche Klassen verbundene Ungleichheit als auch die ökologischen Herausforderungen entweder leugnen, relativieren oder als zwangsläufig und unabwendbar akzeptieren und daher für eine Verteidigung der Privilegien der „Weißen“, „Russen“, „Europäer“ gegen den Rest der Menschheit einstehen. In zahlreichen Ländern erleben wir eine breite Popularisierung und Banalisierung faschistischer Anschauungen, die breite Bevölkerungsschichten erfasst. Die Projekte nationalkonservativer und faschistischer Kräfte werden zunehmend klarer: Kontinuität der fossilen Wirtschaft, Verallgemeinerung wirtschaftlicher Konkurrenz, selektive Abschottung, rassistische Ausgrenzung, patriarchaler Backlash, autoritäres Regime, technologischer Solutionismus.
Noch vor rund 20 Jahren gab es eine reichhaltigere Debatte über ein anderes, ein soziales Europa. Zu dieser Zeit verzeichneten aber auch die Verheißungen eines liberalisierten und deregulierten Welthandels und eines liberalen Europas des freien Verkehrs von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Personen noch eine beträchtliche Anziehungskraft, obwohl sie bereits Risse zeigte. Im Zuge der globalisierungskritischen Bewegung und der Europäischen Sozialforen vernetzten sich unterschiedliche Bewegungsinitiativen und antikapitalistische Kräfte. Sie koordinierten nicht nur ihre Aktivitäten, sondern tauschten sich auch über ihre gesellschaftlichen Vorstellungen und Strategien aus (Zeller 2006a).
Das europäische Sozialforum, an dem sich vom 6. bis 9. November 2002 in Florenz mehrere Tausend Teilnehmer:innen beteiligten, beschloss, dass am 15. Februar 2003 in ganz Europa Großdemonstrationen gegen den drohenden Krieg der USA gegen den Irak stattfinden sollen. Daraus entwickelte sich eine weltweite Dynamik, die zu einer gigantischen Antikriegsbewegung anschwoll.
An den Referendumsabstimmungen in Frankreich im Mai 2005 und kurz darauf in den Niederlanden im Juni sprach sich jeweils eine Mehrheit der abstimmenden Bevölkerung gegen den europäischen Verfassungsvertrag aus und brachte damit den Regierungen ihrer Länder und der Führung der EU eine krachende Niederlage bei. Große Teile der radikalen Linken und der sozialen Bewegungen kämpften intensiv für die Ablehnung, allerdings nicht aus einer antieuropäischen Haltung, sondern ganz im Gegenteil, um den Boden für ein anderes, ein solidarisches und ökologisch verträgliches Europa zu schaffen. Ansatzweise entwickelten sich Debatten über weitergehende gesellschaftliche Alternativen in Europa und institutionelle Veränderungen für eine solidarischere Weltwirtschaft. Im Widerstand gegen Privatisierungen wurde auch offensiv die Eigentumsfrage aufgeworfen. In Frankreich brachten sowohl kritische Wissenschaftler:innen als auch Bewegungsaktivist:innen die Perspektive der appropriation sociale, also der gesellschaftliche Aneignung von Schlüsselsektoren der Wirtschaft in die Auseinandersetzungen (Coutrot 2002; Andréani, et al. 2002). Ein weit beachtetes Manifest für ein anderes Europa (Salesse 2004) regte zu weiterführenden Debatten an.
Im deutschen Sprachraum setzte diese Debatte in der globalisierungskritischen Bewegung ebenfalls ein, gewann aber keinen breiteren gesellschaftlichen Einfluss und ebbte dann wieder ab (Stützle und van Dyk 2004; Zeller 2004a, 2004b, 2006b). In der ersten Welle der Klimabewegung, die im Kontext der Klimakonferenz in Kopenhagen im Dezember 2009 ihren ersten Aufschwung erlebte, fand die Vergesellschaftungsperspektive keinen Widerhall.
Die Finanz- und Wirtschaftskrise, deren Lasten stark auf die Bevölkerungen Südeuropas abgewälzt wurden, die europäische Krise und Eurokrise, die Niederschlagung der Aufstände in den arabischen Ländern, der beginnende Krieg Russlands gegen die Ukraine 2014, die Migrationsbewegungen und das Scheitern der Syriza-Regierung in Griechenland ließen das Pendel umschlagen. Progressive soziale Bewegungen und linke Parteien wie Podemos in Spanien ließen sich in die herrschende Regierungspolitik integrieren und in die Defensive zwängen. Es ging weitgehend nur noch darum, weitere Verschlechterungen und den beginnenden Einfluss national-populistischer Kräfte abzuwehren.
Seit der Niederlage der griechischen Regierung unter Syriza gegen die Erpressung durch die Troika (EU-Kommission, Europäische Zentralbank und IWF) und ihrem teilweise selbst verschuldeten politischen Bankrott von Syriza im Sommer 2015, der enttäuschenden Integration von Podemos in Spanien in den Herrschaftsapparat und der europapolitischen Selbstaufgabe des ehemaligen Labour-Vorsitzenden Jeremy Corbyn haben sich die Europadiskussion unter progressiven Kräften erschöpft. Auch die Pandemie änderte das nicht, obwohl offensichtlich war, dass die Verbreitung des Covid-Virus nur gemeinsam transnational und europäisch hätte unterbunden werden können (Kreilinger, et al. 2020). Seit Beginn der russischen Großoffensive gegen die ukrainische Bevölkerung am 24. Februar 2022 prägen militärische und verteidigungspolitische Vorstellungen die Auseinandersetzung. Die klassische Linke bietet in dieser Gemengelage keine Impulse mehr. Die Klimabewegung und andere Bewegungen agieren zumeist kleinteilig, ohne gemeinsame transnationale oder gar kontinentale Perspektive und praktische Orientierung.
4. Kontinentale Perspektiven gegen, jenseits und über die EU hinaus
Trotz der autoritären auf Wettbewerbsfähigkeit ausgerichteten Integration der EU blieben die politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen nationalstaatlich fragmentiert. Bislang hat sich kaum ein gemeinsamer europäischer Raum der Zivilgesellschaft zur Durchsetzung gesellschaftlicher Forderungen entwickelt. Das liegt einerseits an der fragmentierenden Politik der EU und andererseits am Unvermögen progressiver sozialer Bewegungen sich über die Staatsgrenzen hinweg zu organisieren. Es gibt es keine Hinweise dafür, dass ein Austritt einzelner Staaten aus der EU es leichter machen würde, einen gemeinsamen Diskussions- und Erfahrungsraum „von unten“ zu schaffen. Deshalb bedeutet die grundsätzliche Kritik an der EU keineswegs, dass die Forderungen nach einem Austritt von Nationalstaaten aus der EU richtig ist oder umgekehrt, der Beitritt weiterer Staaten falsch ist. Bevölkerungen der Staaten, die derzeit nicht Mitglied der EU sind, sollen das Recht haben, der EU beizutreten. Ein Beitritt kann die Voraussetzungen dafür verbessern, gemeinsam für soziale und ökologische Verbesserungen zu kämpfen, die EU gemeinsam herauszufordern und letztlich eine gemeinsame sozial-ökologische Transformation gegen die Institutionen der EU umzusetzen.
Die Erfahrungen zeigen, dass die internationale Dynamik der Klimabewegung und der Gewerkschaften auch ganz wesentlich ihre Stärke in einzelnen Ländern beeinflusst. Die Kräfteverhältnisse würden sich zwar weiterhin auf nationaler Ebene verbessern lassen, was allerdings nur kurzzeitig geschehen ist. Mittlerweile verschlechtern sie sich wieder, sowohl national wie transnational. Zugleich sind die internationale Koordination der Bewegungen, die Organisierung gemeinsamer Lernprozesse über die Landesgrenzen hinweg und schließlich die Erarbeitung transnationaler und europäischer Forderungsperspektiven und Konzepte entscheidend, um die Bewegungen sowohl in den einzelnen Ländern als auch auf internationaler Ebene zu einem Machtfaktor zu machen.
Wir brauchen also kontinentale Strategien und Organisierungsprozesse, um gemeinsame Mobilisierungen voranzutreiben, die aber zugleich auch den nationalen, regionalen und lokalen Gegebenheiten und Besonderheiten Rechnung tragen. Und diese Ambitionen müssen auch die Bevölkerungen außerhalb der EU einschließen. Vergessen wir die Menschen in der Ukraine, Russland, Moldawien und der Türkei nicht. Die konkreten Forderungen müssen klar und einfach sein, auf kontinentaler Ebene gleich verstanden werden und dazu betragen, der Klimagerechtigkeitsbewegung einen gemeinsamen politischen Ausdruck zu verleihen. Zugleich müssen sich die Forderungen mit Perspektiven auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene verknüpfen lassen. Die Orientierung muss global solidarisch sein. Das heißt, es geht darum kontinentale Perspektiven mit Klimagerechtigkeitsbewegungen, Kämpfen von Lohnabhängigen, von Indigenen, feministischen Initiativen, nationalen Minderheiten überall auf der Welt zu entwickeln.
Ein radikales Programm für radikale sozialökologische Strukturreformen, geschweige denn ein ökosozialistischer Umbruch, lässt sich mit den EU-Institutionen nicht verwirklichen. Vielmehr muss eine antikapitalistische und ökosozialistische Perspektive die EU grundsätzlich in Frage stellen. Die internationale Expansion der großen Konzerne und die transnationale Organisation der Wertschöpfungsketten erfordern solidarische, ökologische und demokratische Konzepte auf transnationaler, europäischer und globaler Ebene. Ein grundlegendes sozialökologisches Umbauprogramm lässt sich nur auf europäischer Ebene, und zwar in einer globalen Perspektive realisieren. Hierfür brauchen wir die Transnationalisierung antikapitalistischer Konzepte und Bewegungen, um die neoliberale durch eine sozialökologische Hegemonie abzulösen, die es erlauben würde, radikale Strukturreformen durchzusetzen. Sollte eine einzelne Regierung ein radikales sozial-ökologisches Programm umsetzen wollen, bliebe ihr nichts anderes übrig, als mit der EU zu brechen und zugleich auf die internationale Solidarität zu setzen.
So wie sich in den Nationalstaaten gesellschaftliche Kräfteverhältnisse ausdrücken, so geschieht das auch in der EU. Das bedeutet allerdings nicht, dass starke soziale Bewegungen für radikale sozial-ökologische Reformen oder gar einen ökosozialistischen Umbruch die Institutionen schrittweise übernehmen und in ihrem Sinne nutzen könnten. Selbstverständlich ist es sinnvoll, in den Institutionen der EU Einfluss zu gewinnen, beispielsweise über die Teilnahme an den Wahlen für das Europäische Parlament, genauso wie sich über die Präsenz in den nationalen Parlamenten programmatische Vorschläge in die öffentliche Debatte einbringen lassen. Der parlamentarische Präsenz ist hilfreich, um sich in der Gesellschaft besser Gehör zu verschaffen. Entscheidend ist allerdings, dass die unterschiedlichen sozialen Bewegungen der arbeitenden Klassen ihre eigenen Strukturen in der Gesellschaft aufbauen und diese europäisieren. Damit ist gleichzeitig die Aufgabe verbunden, die EU-Institutionen und ihr Führungspersonal zu delegitimieren.
Wie können wir nun in der aktuellen Situation die Bewegungen für radikale sozialökologische Reformen transnational und schließlich auf kontinentaler Ebene zusammenführen?
Erstens geht es darum, das Bewusstsein für die Notwendigkeit gemeinsamer Strategien zu schärfen. Zweitens sollten wir beginnen gemeinsame europäische Kampagnen zu starten. Und drittens ist zu überlegen, wie die Bewegungen konkrete Strukturen gesellschaftlicher Gegenmacht auf europäischer Ebene aufbauen können. Ich konzentriere mich hier auf die zweite Ebene gemeinsamer Kampagnen.
Um mit beschränkten Kräften wirksam zu sein, gilt es sich auf einige wenige zentrale Auseinandersetzungen zu fokussieren. Die Auswahl der Felder leitet sich aus der objektiven Bedeutung der Sektoren für die Treibhausgasemissionen, ihrer Verflechtung mit anderen Industriesektoren und aus ihrer Steuerungsmacht ab. Selbstverständlich beeinflussen auch der Diskussionsstand unter Aktivist:innen und die subjektive Betroffenheit der Lohnabhängigen, welche Wege die Klimabewegung beschreitet.
Eine gemeinsame Kampagne soll nicht nur dazu beitragen, wirksam in die unmittelbaren tagespolitischen Auseinandersetzungen einzugreifen, sondern soll auch dabei helfen, eine Vernetzung und Konvergenz revolutionärer Ökosozialist:innen voranzutreiben. Gestützt auf einige frühere Diskussionsbeiträge (Zeller 2020, 2021) denke ich, dass sich die gemeinsamen Aktivitäten und Kampagnen auf einige miteinander verflochtene Achsen konzentrieren sollten. Hier beschränke ich mich auf Überlegungen zur gesellschaftlichen Aneignung des Energiesektors.
Allerdings stehen wir vor einer kurzfristigen und zugleich strategischen Herausforderung, die weder in der Klimabewegung noch in den Gewerkschaften oder von linken Organisationen beachtet wird. Es gibt kein gemeinsames Nachdenken darüber, wie sich der Widerstand gegen die dem Faschismus ähnliche fossile Diktatur in Russland und die Solidarität mit dem Selbstbehauptungswillen der ukrainischen Bevölkerung mit einer umfassenden Perspektive eines radikalen sozialökologischen Umbaus in ganz Europa verbinden lassen. Einige Überlegungen habe ich im Zusammenhang mit der internationalen Erklärung „Ukraine: A People’s Peace not an Imperial Peace“ zur Diskussion gestellt (Zeller 2024b).
Mehrere Staaten in Europa beziehen weiterhin große Mengen Gas aus Russland und tragen damit zur Finanzierung der Kriegsmaschinerie des Putin-Regimes bei. Österreich versorgt sich sogar zu rund 90% mit russischem Pipelinegas. Im Juni 2024 waren die EU-Staaten zusammen der größte Importeur von russischem Flüssiggas. Sie kauften 54% alle russischen LNG-Exporte, gefolgt von China (22%) und Japan (18). Belgien, Spanien und Frankreich bezogen im Juni 2024 ausschließlich LNG aus Russland (Katinas 2024). Haupteinfuhrhäfen des russischen Flüssiggases sind Zeebrugge in Belgien, Montoir und Dunkerque in Frankreich, Bilbao, Mugardos, Huelva, Sagunto, Barcelona und Cartagena in Spanien sowie in geringerem Maße Rotterdam. Hier wird das Gas umgeladen oder gasifiziert durch Pipelines an weitere Zielländer geliefert. Im Sommer 2024 bezogen die EU-Staaten mehr Gas aus Russland als aus den USA. Russland braucht die LNG-Exporte in die EU, um den Krieg und die enormen Investitionen von Novatek in den Ausbau der LNG-Infrastruktur zu finanzieren. Russland will ein Global Player im LNG-Geschäft werden und den LNG-Export bis zum Jahr 2030 verdreifachen (Zeller 2024a).
Ein Bündnis unterschiedlicher NGOs aus dem Umweltbereich führt eine Kampagne für den Boykott russischen Gases und Öls (Razom We Stand 2024). Diese Kampagne ist mit einer ökosozialistischen Orientierung zu unterstützen. Selbstverständlich geht es nicht darum, russisches Pipeline- und Flüssiggas durch Gas aus anderen Gebieten zu ersetzen, sondern der Ausstieg aus dem russischen Gas muss dem Einstieg in den kompletten Ausstieg aus den fossilen Energieträgern in die Wege leiten.
Der Forderung nach einem Stopp des Bezugs fossiler Energieträger – sowie angereicherten Urans – aus Russland sollten sich die Klimabewegung, Gewerkschaften und linke Organisationen anschließen. Ihre breite Abstützung wäre ein starkes Zeichen der Solidarität mit den angegriffenen Menschen in der Ukraine. Diese Forderung bringt die Klimabewegung in ganz Europa zusammen und verbindet sie mit den Solidaritätsinitiativen für den ukrainischen Widerstand. Ein breites europaweites Bündnis kann sie durchsetzen. Das würde Putins Kriegsmaschinerie schwächen und wäre eine wichtige Hilfe für den ukrainischen Widerstand. Diese Forderung ist zu verbinden mit der Orientierung auf eine generelle Überwindung der fossilen Wirtschaft (Zeller 2024a).
5. Gesellschaftliche Aneignung des gesamten Energiesektors
Die Konzerne im Öl- und Gasgeschäft sowie die nachgelagerten und mit diesen eng verwobenen Sektoren wie beispielsweise die Automobilindustrie und Energiewirtschaft gehören zu den wichtigsten und mächtigsten Kapitalfraktionen. Die Kohle-, Öl- und Gaslagerstätten der Konzerne sind Kapital, das auf seine Verwertung wartet. Die Konzerne werden auch bei großem politischem Druck nicht bereit sein, auf die Verwertung dieses Kapitals und die erwarteten Profite zu verzichten.
Gegenwärtig erleben wir eine Gegenoffensive des fossilen Kapitals (Zeller 2023). Die großen Öl- und Gaskonzerne haben ihre Investitionen nach einigen Jahren der Zurückhaltung seit 2022 wieder hochgefahren. Gemäß IEA (International Energy Agency) werden der Öl- und Gasverbrauch bis 2030 weiter ansteigen (IEA 2023: 26). Das Szenario der UNEP geht sogar davon aus, dass der Verbrauch von Kohle seinen Peak um 2030, von Öl und Gas erst um 2050 erreichen werden (UNEP 2023). Das sind Szenarien, die zu einer Zerstörung der Lebensgrundlagen eines Drittels der Menschheit bis in fünf Jahrzehnten führen werden (Forster, et al. 2023; Lamboll, et al. 2023). Die Konzernleitungen der großen Ölkonzerne gehen davon aus, dass der Öl- und Gasverbrauch deutlich stärker und länger ansteigen wird. Chevron CEO Mike Wirth redet Klartext und verwirft die Szenarien der IEA: “I don’t think they’re remotely right . . . You can build scenarios, but we live in the real world, and have to allocate capital to meet real world demands.” (Edgecliffe-Johnson und Smyth 2023)
Wie sollen die Klimabewegung und Ökosozialist:innen mit dieser offenen „Kriegserklärung“ umgehen? Die Herausforderungen der politischen und gesellschaftlichen Macht sowie des Eigentums sind offensiv anzupacken. Nur eine gesellschaftlich breite Bewegung, welche die Mehrheit der Lohnabhängigen einschließt, wird in der Lage sein, ein gesellschaftliches und politisches Kräfteverhältnis aufzubauen, das es erlaubt, die fossilen Konzerne gesellschaftlich anzueignen und deren Macht zu zerschlagen. Zugleich müssen wir auch den Finanzsektor und die Pensionsfonds beachten. Die kapitalgedeckten Rentensysteme sind ein zentraler Pfeiler des fossilen Kapitals. Die Defossilierung geht zwingend mit dem Umbau zu öffentlichen umlagefinanzierten Altersvorsorgesystemen einher.
Drei Achsen der europäischen Vergesellschaftung
Mit der gesellschaftlichen Aneignung des gesamten Energiesektors sind die Probleme noch nicht gelöst, sondern nur die Voraussetzungen dafür geschaffen, um eine umfassende Entfossilisierung überhaupt durchzusetzen. Da das fossile Kapital ausgesprochen stark zentralisiert und in großen transnationalen Konzernen organisiert ist, gerät die gesellschaftliche Aneignung zur umfassenden Herausforderung, die auf transnationaler und kontinentaler Ebene anzupacken ist. Öffentliches Eigentum allein garantiert in keiner Weise eine sozialökologische Konversion.
Um die europaweite Vergesellschaftung und den Umbau des Energiesektors voranzutreiben, sind drei miteinander verbundene Achsen zu beachten.
Kapitalentwertung. Die Kohle, das Öl und das Gas müssen im Boden bleiben. Der Um- und Rückbau der fossilen Industrien ist mit einer gigantischen Kapitalentwertung verbunden (Hansen 2022). Wie lässt sich diese Entwertung so organisieren und durchführen, dass sie nicht zu einem gesellschaftlichen Desaster, Arbeitslosigkeit, Verelendung und Marginalisierung von Millionen von Menschen führt, ganz besonders in stark von dieser Entwertung betroffenen Regionen und Ländern? Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten. Die seit einigen Jahren diskutierten Ansätze zur Konversion von Industrien, beispielsweise der Automobilindustrie, zielen in die richtige Richtung, bleiben aber ungenügend und unterschätzen die Tragweite der Herausforderung (vgl. Candeias und Krull 2022).
Die fossilen Konzerne werden die anstehende Entwertung freiwillig nie akzeptieren. Nur wenn es gelingt, die Energiekonzerne gesellschaftlich anzueignen, wird es möglich sein, diese Entwertung gegen die Vermögenden und im Sinne der breiten lohnabhängigen Mehrheit der Bevölkerung durchzusetzen, ohne massenhafte Arbeitslosigkeit und Verarmung. Nur unter dieser Voraussetzung lassen sich die konkreten Schritte demokratisch so planen, dass die bisherigen Kapitaleigner einen großen Teil der finanziellen Bürde des Umbaus tragen und die gesamte Gesellschaft solidarisch einbezogen wird. Doch solange das auf nationaler Ebene geschieht, können sich die Konzerne dem Druck einzelner Regierungen durch Verlagerungen und Kapitalflucht entziehen. Die Wertschöpfungsketten sind längst transnational organisiert sind und die Kapitaleigentümer, also die großen Finanzunternehmen konzipieren ihre Anlagestrategien auf globaler Ebene. Daher gibt es keinen Spielraum mehr für „nationale Wege“, die klimapolitisch ohnehin falsch wären. Der Um- und Rückbau des fossilen Sektors muss deshalb großräumig kontinental erfolgen, genauso der Prozess der gesellschaftlichen Aneignung. Große Finanzunternehmen wie Blackrock und Vanguard zählen zu den wichtigsten Eigentümern vieler fossiler Großkonzernen. Sie beeinflussen auch deren Investitionsstrategien. Daher ist der Rück- und Umbau des fossilen Energiesektors nur möglich und auf gesellschaftlich sinnvolle Weise organisierbar, wenn die gesellschaftliche Aneignung der fossilen Industrien und jener des Finanzsektors einhergeht. Derart umfassende Umbrüche geschehen selbstverständlich nicht gleichzeitig auf einem ganzen Kontinent, sondern abhängig von den Kräfteverhältnissen und konkreten Ressourcen sehr ungleich. Aber nur miteinander kombiniert können sie erfolgreich sein.
System erneuerbarer Energien. Bereits jetzt sind die Stromnetze europaweit zu einem System verknüpft und es existiert ein dichtes Netz von Gaspipelines. Eine rein nationalstaatliche Planung ist daher unpassend. Im Gegensatz zu den fossilen Energieträgern lässt sich der Strom aus erneuerbaren Energien nicht einfach speichern. Der Aufbau einer Speicherinfrastruktur ist enorm aufwändig und teuer. Auch aufgrund gleichzeitig auftretender Sonnen- und Windflauten müssen die Erzeugung, der Austausch und die Speicherung von Strom sowie die hierfür erforderlichen gigantischen Infrastrukturen kontinental konzipiert und realisiert werden. Regierungen und Industrievertreter:innen preisen gegenwärtig die Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (Carbon Capture and Storage) ohne jegliche wissenschaftliche Untermauerung als entscheidendes Mittel zur Minderung der CO2-Emissionen an. Das ist nichts anderes als eine hochspekulative technologische Wette. Denn noch immer gibt es weltweit keine rentablen großindustriellen Anlagen zur Kohlenstoffabscheidung und -speicherung. Doch auch in einer ökosozialistischen Transformationsperspektive werden wir nicht darum herumkommen, derartige Technologien in einem vernünftigen Maß zu entwickeln und anzuwenden. Da diese aber sehr energieintensiv und teuer sind, stellen sich sofort die Fragen, wer und welche Regionen die entsprechenden Investitionen und die Lasten der Lagerung von CO2 zu tragen haben.
Industriestrategie. Der sozial-ökologische Umbau des Energiesektors und zahlreicher weiterer Industrien steht auch vor der Herausforderung, die Wertschöpfungsketten neu zu organisieren, fossile Produktionsnetzwerke zu überwinden und nicht-fossile erst zu schaffen. Blicken wir konkret auf die Produktionsnetzwerke in den Industrien, erkennen wir rasch, dass sich diese kaum irgendwo an nationale Grenzen halten. Jede Veränderung von Produktionsprozessen an einem Ort wirkt sich unmittelbar auch an anderen Orten auf der Welt aus. Wenn wir die Automobilindustrie in Deutschland um- und zurückbauen, hat das selbstverständlich sofort Auswirkungen auf alle anderen Produktionsstandorte der deutschen Konzerne in Europa und an vielen weiteren Orten. Damit stellen sich konkrete Fragen: Welche Tätigkeiten sollen im Zuge des Um- und Rückbaus dieser Industrie im eigenen oder in einem anderen Land stattfinden? Oder denken wir an die wichtige Stahlindustrie. Diese braucht große Mengen grünen Wasserstoffs. In Deutschland ist es nicht möglich, diesen grünen Wasserstoff mit erneuerbaren Energien in ausreichender Menge zu produzieren. Die allgemeine Elektrifizierung verschlingt für alle anderen gesellschaftlichen Bereiche bereits große Mengen an grünem Strom. Ist es nun wirtschaftlich, gesellschaftlich und ökologisch sinnvoll und gerecht, diesen grünen Wasserstoff aus anderen Ländern, beispielsweise aus Nordafrika, Namibia oder der Ukraine zu importieren, wo doch alle diese Länder ihr eigenes Energiesystem ebenfalls umbauen müssen? Oder kann es sinnvoller sein, den Stahl eben dort zu produzieren, wo Strom aus erneuerbaren Energien günstig und in großen Mengen erzeugt werden kann? Erwiese sich das zweite Szenario als sinnvoller, stünde das in einem harten Gegensatz zur traditionellen Position der Standortsicherung der Gewerkschaften und der linken Parteien.
Derartige Entscheidung dürfen wir weder den Konzernen noch den Nationalstaaten überlassen. Für viele Entscheidungen über Zentralisierung oder Dezentralisierung mag die kontinentale Ebene angemessen sein, doch gerade das Beispiel der Stahlindustrie zeigt, dass wir über demokratische Entscheidungsprozesse und -befugnisse auf transnationaler Ebene nachdenken müssen. Viele kapitalintensive und komplexe Produktionsprozesse sind aus ökologischen Gründen wohl eher zentralisiert und räumlich konzentriert zu organisieren. Andere Tätigkeiten, beispielsweise in der Nahrungsmittelproduktion, erfolgen sinnvollerweise eher dezentral. Diese Sachverhalte und Herausforderungen sprechen stark dafür, kontinentale bzw. europäische Umbaukonzepte zu entwickeln. Das ist allerdings nicht nur eine theoretische, konzeptionelle oder akademische Aufgabe, vielmehr ergeben sich die Herausforderungen und Möglichkeiten auch durch die Praxis der sozialen Bewegungen und der kollektiven transnationalen Verarbeitung ihrer Erfahrungen.
Die hier vorgestellte Perspektive ist weit entfernt von den gegenwärtigen Diskussionen in der Klimabewegung, fortschrittlichen Gewerkschaftskreisen und linken Parteien. Es ist eine zentrale Aufgabe ökosozialistischer Kräfte derartige Konzepte zu entwickeln und zu Diskussionen darüber anzuregen. Es gilt konzeptionelle und strategische Brücken zwischen der deprimierenden gegenwärtigen Situation und den noch unkonkreten Vorstellungen einer ökosozialistischen Gesellschaft zu bauen.
Lernen und durchsetzen
Wie lässt sich eine demokratische Vergesellschaftung transnational verwirklichen? Ein wichtiger Schritt in diese Richtung besteht im Aufbau eines breiten gesellschaftlichen Bündnisses, um eine europäische Kampagne für die gesellschaftliche Aneignung des Energiesektors von der Erzeugung über die Übertragung bis zur Verteilung an Unternehmen und Haushalte zu starten. Zugleich ist auf regionaler und nationaler Ebene dafür zu kämpfen, dass die Grundversorgung mit Energie Teil einer gesellschaftlichen Infrastruktur wird. Der Zugang zu Energie für die Alltagsbedürfnisse darf nicht von der sozialen Stellung und Klassenzugehörigkeit eines Menschen abhängig sein.[1] Die ökosozialistischen Strömungen in den verschiedenen Ländern sollten sich gemeinsam für den Aufbau eines derartigen Bündnisses einsetzen.
In zahlreichen Ländern, Regionen und Städten haben sich Initiativen und Bewegungen für die Vergesellschaftung des Energiesektors und eine gute gesellschaftliche Energieinfrastruktur herausbildet. Aktivist:innen, Wissenschaftler:innen, NGOs und politische Organisationen haben bereits wertvolle Erfahrungen in breiten Kampagnen gesammelt. Internationale Kampagnen und Bewegungen richten sich direkt gegen die Macht der großen Ölkonzerne (Petitjean und Dubois 2024). In New York hat eine breite Kampagne, die unterschiedliche gesellschaftliche Bewegungen zusammenbrachte, die Verabschiedung eines Gesetzes (Build Public Renewables Act) durchgesetzt. Das war ein wichtiger Schritt für den Aufbau eines öffentlichen Energiesystems , das sich auf erneuerbare Energien stützt (Dawson 2023, 2024). In Berlin haben viele Aktivist:innen mit der enorm breiten und teilweise erfolgreichen Kampagne für die Enteignung großer Wohnbaukonzerne (Deutsche Wohnen & Co. Enteignen) wichtige Erfahrungen gesammelt, wie sich gesellschaftliche Kräfteverhältnisse beeinflussen lassen, aber auch wie der Staat die Interessen des Kapitals schützt (Communia 2024). Hier knüpft auch die Initiative zur Enteignung des Energiekonzerns RWE mit ihrer Forderung nach einer Vergesellschaftung der Energieproduktion an.[2] Allerdings zeigt gerade diese Initiative, dass sich die Erfahrungen von Deutsche Wohnen & Co. enteignen aus vielen Gründen – wie dem Netzcharakter der Energieversorgung, die spezifische Eigentumsstruktur der Energiekonzerne, die sehr andersartige Zusammensetzung der Energieverbraucher:innen und die Besonderheiten der urbanen Gesellschaft Berlins – nicht auf den Energiesektor übertragen lassen. Das heißt, um die Perspektive einer Vergesellschaftung des Energiesektors gesellschaftlich breit abzustützen, sind noch viele – auch von schmerzhaften Niederlagen gekennzeichnete – Erfahrungen zu machen.
Die Herausforderung besteht also darin, herauszufinden, wie sich einerseits die Perspektive der gesellschaftlichen Aneignung des Energiesektors mit lokalen und regionalen Auseinandersetzungen über die Kontrolle und Organisation der örtlichen Energieanbieter verbindet. Zugleich muss das gesellschaftliche Kräfteverhältnis so stark verändert werden, dass es möglich wird, die gesamte Wertschöpfungskette von der Energieerzeugung, über deren Speicherung und Transport bis zur Versorgung der Haushalte, Unternehmen und Betriebe unter demokratische Kontrolle durch die Gesellschaft zu bringen. Weil diese Industrie derart transnational organisiert ist, stellt sich allerdings auch die Frage, ob und wie sich perspektivisch gesellschaftliche Eigentumsformen entwickeln lassen, die über die Grenzen des Nationalstaats hinausweisen. Das liefe auf eine transnationale Vergesellschaftung und europäische Formen öffentlichen Eigentums hinaus.
6. Ökosozialistische Organisierung
In der bisherigen Menschheitsgeschichte waren die Bedingungen der physischen Welt, also beispielsweise der Zustand des Klimas oder der Verlauf von Küstenlinien, für die Lebensdauer einer Generation, ja vieler Generationen, relativ konstante Gegebenheiten. Im Anthropozän gilt das nicht mehr. Mittlerweile ist die Weltgesellschaft in einer Situation, in der die physischen Veränderungen des Erdsystems schneller ablaufen, als die Gesellschaften die Tragweite dieser Veränderungen überhaupt erkennen können. Das heißt aber auch, dass sich die Bedingungen für gesellschaftliche Projekte und politische Strategien auf globaler Ebene abrupt verändern, allerdings räumlich und sozial hochgradig ungleich (Zeller 2021, 2022a).
Diese Konstellation macht jede reformorientierte Strategie – beispielsweise durch einen Green New Deal oder eine graduelle sozialökologische Transformation – zur Illusion, weil die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Voraussetzungen für Reformen schneller wegbrechen als sich Reformen durchsetzen lassen.
Die unmittelbar dringlichste Aufgabe ist es eine breite soziale Bewegung für umfassende sozialökologische Reformen aufzubauen. Sie muss sich alle wesentlichen Anliegen der Lohnabhängigen an ihrem Arbeitsplatz, am Wohnort und im Alltagsleben zu eigen machen, allerdings in einer Weise, die auf einen ökologisch verträglichen gesellschaftlichen Stoffwechsel mit der Natur zielt.
Nur eine riesige, auf organisierte Lohnabhängige gestützte Massenbewegung könnte das Kräfteverhältnis europaweit so stark verändern, dass ein Programm radikaler sozial-ökologischer Strukturreformen in Angriff genommen werden könnte. Doch dieses würde auf den erbitterten Widerstand des Kapitals treffen. Schon bald stünde die Mobilisierung vor der Frage, ihren Kampf in eine antikapitalistische und ökosozialistische Richtung zu radikalisieren. Hierzu bedürfte es allerdings der massiven Selbstorganisation in neuen demokratischen Gegenmachtstrukturen, die einer Situation labiler Doppelmacht gleichkämen.
Die Idee eines demokratischen, solidarischen und ökologischen Europas von unten, also ein Europa der arbeitenden Klassen, ist mit einer Übergangsstrategie zu konkretisieren. Diese kann nur durch eine Verarbeitung der zahlreichen Erfahrungen der Kämpfe von Bewegungen entwickelt werden. Das Fundament einer solchen Strategie ist der Aufbau von Gegenmacht, die sich institutionalisieren muss, um sich zu stabilisieren, abzustützen und schließlich gesellschaftlich durchzusetzen. Durch Prozesse der demokratischen gesellschaftlichen Aneignung von Schlüsselindustrien, des Energiesektors und der Finanzindustrie gilt es eigene Organe der demokratischen Kontrolle auf allen Maßstabsebenen – von der lokalen über die regionale und die nationale bis zur europäischen – aufzubauen. Diese Organe müssen so stark werden, dass sie die Regierungen und die Institutionen der EU zwingen können, radikale sozial-ökologische Reformen umzusetzen. Entwickelt sich diese Gegenmacht von unten, gerät sie nicht nur in Widerspruch, sondern in Gegensatz zu den bestehenden Institutionen. Das ergibt eine instabile Situation, die dazu führen kann, dass die bislang dominierenden Organe der Staatsmacht und der EU ihre Gestaltungsmacht verlieren.
Die globale Dringlichkeit eines radikalen industriellen und gesellschaftlichen Umbaus und das mangelnde Bewusstsein der arbeitenden Klassen über eben diese Dringlichkeit, vor allem das mangelnde Bewusstsein über die potentielle kollektive Macht stellen revolutionäre Ökosozialist:innen vor brennende strategische Herausforderungen (vgl. Zeller 2020, 2021, 2022a):
Erstens müssen sie eine Debatte über strategische Zugänge eröffnen, die es erlauben, große Teile der arbeitenden Klassen rasch für eine konkrete Um- und Rückbauperspektive der fossilen Industrien zu gewinnen. Zweitens müssen sie jeden erdenklichen und bescheidenen Ansatz nutzen, um den Aufbau breiter Bewegungen für unmittelbare Tagesforderungen zu fördern, die schließlich auch die Perspektive eröffnen radikale sozial-ökologische Strukturreformen durchzusetzen. Drittens müssen sie eine starke revolutionäre ökosozialistische Strömung aufbauen, die sich ihre eigenständigen organisatorischen Strukturen gibt und strategische Konzepte ausarbeiten, die es erlauben wirkungsmächtig in die politischen Auseinandersetzungen einzugreifen. Es gilt neue Konzepte von gesellschaftlicher Gegenmacht, die hin zu Doppelmacht und revolutionärer Umwälzung reichen, auszuarbeiten und auszuprobieren.
Um diese Orientierung voranzutreiben, gilt es eine starke revolutionäre ökosozialistische Strömung aufzubauen, die diese Herausforderungen annimmt und dazu beiträgt die Bewegung zu verbreitern und zu radikalisieren.
Referenzen & Literatur
Bild: Es braucht widerstandsfähige Netzwerke, die das fossile Kapital untergraben – und zum richtigen Zeitpunkt Gegenmacht koordiniert hervorsprießen lassen. Grafik erstellt mit Canva, 2024.
[1] Die Orientierung auf eine umfassende solidarische gesellschaftliche Infrastruktur einschließlich der Energieversorgung habe ich im Herbst 2022 im Kontext der massiv steigenden Energiepreise erläutert (Zeller 2022b).
[2] RWE & Co. Enteignen. Energieproduktion vergesellschaften https://rwe-enteignen.de/
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