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Von Landräubern zu Kohlenstoff-Cowboys: CO2-Kompensationsgeschäfte befeuern Landgrabbing
“Für jeden verkauften Artikel pflanzen wir einen Baum.” Solche “Netto-Null”-Versprechen von Firmen oder Staaten befeuern die globale Nachfrage nach Land. Denn um CO2 im großen Stil aus der Luft zu entziehen, braucht es Land in riesigen Mengen: Boden, der das CO2 speichert oder auf dem Bäume gepflanzt werden können, die beim Wachsen CO2 aufnehmen.
Und was ist mit den Menschen, die auf und von diesem Land leben? Kompensationsgeschäfte führen oft dazu, dass Kleinbäuerinnen oder Hirtenfamilien die Kontrolle über ihr Land und damit ihre Lebensgrundlage verlieren oder gar vertrieben werden. Von Projekten wie großflächiger Aufforstung, die auf ihrem Land umgesetzt werden, profitieren die betroffenen Menschen selten, die im globalen Kohlestoffmarkt aktiven Unternehmen – bisher vor allem Akteur:innen aus dem reichen Norden – hingegen sehr. Dabei kann die CO2-Speicherung die Welt nicht vor der Klimakrise retten, solange wir weiter – in wachsendem Maße – Treibhausgase ausstoßen. Kompensationsgeschäfte verschärfen daher vor allem Armut und Ungleichheit. Hunger nimmt weiter zu, Biodiversität geht verloren, und auch die Erderhitzung läuft ungebremst weiter.
Die internationale NGO GRAIN hat in verschiedenen Datenbanken zu Klimaschutzprojekten recherchiert, um einen besseren Überblick über das neue Landgrabbing und seine Entwicklung zu erhalten. Die von GRAIN gesammelten Projekte beanspruchen bereits 9,1 Millionen Hektar Land – eine Fläche, die ungefähr der Größe Portugals entspricht (Red.).
In einem Interview mit der New York Times wurde der milliardenschwere Philanthrop Bill Gates kürzlich gefragt, ob es Projekte gäbe, in die er nicht investieren würde, um seine Treibhausgasemissionen auszugleichen. «Ich pflanze keine Bäume», antwortete er und fügte hinzu, dass es völliger Unsinn sei, Bäume zu pflanzen, um die Klimakrise zu bekämpfen. «Ich meine, sind wir die Wissenschaftler oder sind wir die Idioten? Was von beidem wollen wir sein?»[1]
Microsoft, das Unternehmen, mit dem Gates sein Vermögen aufgebaut hat und das er Insidern zufolge immer noch aktiv berät, sieht das anders. Im Juni 2024 kaufte der Tech-Gigant 8 Millionen Emissionsgutschriften von der Timberland Investment Group (TIG), einem Fonds im Besitz des brasilianischen Agrarkreditgebers BTG Pactual.[2] TIG will im Wert von 1 Milliarde US-Dollar Weideland kaufen, um im südlichen Lateinamerika großflächige Eukalyptusplantagen anzulegen.[3] Während die Bäume wachsen, entziehen sie der Atmosphäre CO2 und speichern es in ihren Wurzeln, Stämmen und Ästen. TIG wird die Menge des entzogenen CO2 schätzen und sie dann als Kohlenstoffgutschriften an Microsoft und andere Unternehmen verkaufen.
Jede Kohlenstoffgutschrift, die Microsoft von TIG kauft, soll eine Tonne der Emissionen ausgleichen, die das Unternehmen bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe verursacht. Dies ist eine der wichtigsten Methoden, mit denen Microsoft und viele andere Unternehmen den Weg zu «Netto-Null-Emissionen» beschreiten wollen, während sie weiterhin fossile Brennstoffe nutzen.
Microsofts Vereinbarung mit TIG – die bislang angeblich größte Transaktion zum Abbau von CO2-Emissionen – , ist nur eine von vielen Investitionen in Baumplantagen, die das Unternehmen tätigt, um seine Emissionen auszugleichen.[4]
Auch bei der niederländischen Rabobank können Technologieunternehmen Emissionsgutschriften erwerben. Und auch die Rabobank kauft Land in Brasilien. In einem Fall tat sie dies zusammen mit einer lokalen Agrarunternehmerfamilie, die für illegale Abholzung und Betrug bekannt ist.[5] Die meisten Emissionsgutschriften, die die Rabobank an Tech-Unternehmen wie Microsoft verkauft, stammen allerdings aus ihrem Programm Acorn, in dem Bäume auf dem Land von kleinen Kaffee- und Kakaobäuerinnen und -bauern in Lateinamerika, Afrika und Asien angepflanzt werden. Acorn nutzt Satelliten und eine digitale Plattform von Microsoft, um die Anzahl und Größe der Schattenbäume zu messen, die Kleinbäuerinnen und -bauern auf ihren Farmen pflanzen. Die Tools berechnen dann auch das CO2, das die Bäume der Atmosphäre entziehen. Dieses wird dann in Form von «Kohlenstoffgutschriften» für etwa 38 US-Dollar pro Stück an Microsoft verkauft, wobei das Unternehmen selbst und sein lokaler Partner einen Anteil von 20 % erhalten und den Landwirt:innen den Rest des Erlöses auszahlen.[6]
Bei einer Untersuchung, welche Auswirkungen Acorn auf den Kakaoanbau an der Elfenbeinküste hat, wurde jedoch festgestellt, dass die Rabobank den von den Bäumen gespeicherten Kohlenstoff um 600% überschätzt hatte.[7] Darüber hinaus kritisiert die Regierung der Elfenbeinküste, dass die Rabobank wahrscheinlich doppelt abkassiert: im gleichen Gebiet gibt es nämlich bereits ein Projekt der Weltbank, das Kohlenstoffgutschriften durch die Pflanzung von Bäumen auf kleinen Kakaobetrieben erzeugt und verkauft.
All dieser «Unsinn», wie Gates es nennt, hält eine wachsende Zahl von Unternehmen, Regierungen und Milliardär:innen – ganz zu schweigen von der neuen Kaste der Klimaberater:innen und Kohlenstoffmakler:innen – nicht davon ab, weiter in entsprechende Projekte zu investieren und das Pflanzen von Bäumen als «Lösung» der Klimakrise zu propagieren.
Projekte dieser Art haben eine Vorgeschichte, die bis zum Kyoto-Protokoll von 1997 zurückreicht, ihren Aufschwung erlebten sie aber erst mit dem Pariser Klimaabkommen von 2016. Um Unternehmen zur Emissionsreduzierung zu bewegen, propagierten die Regierungen nun das Konzept der Kompensationen und der Kohlenstoffmärkte als wirksames Mittel.[8] Heute finden die meisten Kompensationsprojekte auf dem «freiwilligen Markt» statt, auf dem private Firmen aus dem globalen Norden die Zertifizierung und den Verkauf von Kohlenstoffgutschriften verwalten. Die Projekte, die größtenteils im globalen Süden durchgeführt werden, reichen von der Verteilung solargetriebener Kochstellen in Malawi bis hin zum Schutz der Regenwälder in Indonesien. Voraussetzung ist, dass das Projekt entweder den Ausstoß von Emissionen verhindert, die ohne das Projekt entstanden wären, oder dass es zu einem Abbau von CO2 in der Atmosphäre führt. Solargetriebene Kochgelegenheiten und der Schutz des Regenwaldes sind Beispiele für die Vermeidung von Emissionen. Das Pflanzen von Bäumen hingegen ist die beliebteste Form der «Emissionsreduktion».
In einer aktuellen Studie stellt das World Rainforest Movement (WRM) fest, dass sich die Zahl der Projekte, in denen Bäume gepflanzt werden, um Kohlenstoffgutschriften zu generieren, in den letzten drei Jahren verdreifacht hat.[9] Laut WRM hat dieser Anstieg auch mit den zahlreichen Skandalen zu tun, die im Zusammenhang mit Programmen wie REDD+ aufgedeckt wurden.[10] Immer wieder mussten Projekte zur Erhaltung von Wäldern von den Kohlenstoffmärkten zurückgezogen oder ausgesetzt werden, nachdem Untersuchungen ergeben hatten, dass sie auf unplausiblen Behauptungen über die drohende Abholzung beruhen oder nachdem Menschenrechtsverletzungen dokumentiert worden waren. Daher wenden sich viele Unternehmen laut WRM nun der Anpflanzung von Bäumen als Quelle für «hochintegrierte» Kohlenstoffgutschriften zu. Dies führt nun zu einem regelrechten Ansturm auf Land.
Eine neue Welle des Landgrabbing
Aktivist:innen und Wissenschaftler:innen warnen seit Jahren davor, dass Programme zum Ausgleich von Kohlenstoffemissionen durch das Pflanzen von Bäumen oder anderen Nutzpflanzen zu einem Anstieg der Landnahme führen werden, insbesondere im globalen Süden[11]. Nun zeigt sich: diese Warnungen waren berechtigt.
GRAIN hat in verschiedenen Datenbanken zu Klimaschutzprojekten recherchiert, um einen besseren Überblick über das neue Landgrabbing und seine Entwicklung zu erhalten. Wir haben 279 groß angelegte Baum- und Nutzpflanzenprojekte für Kohlenstoffgutschriften identifiziert, die Unternehmen seit 2016 im globalen Süden initiiert haben. Sie erstrecken sich über 9,1 Millionen Hektar Land – eine Fläche, die ungefähr der Größe Portugals entspricht. (Siehe Kasten 1: Welche Angaben enthalten die Daten?)
Die Deals (siehe die ausführliche Tabelle hier) stellen eine neue massive Form der Landnahme dar. Sie werden die Konflikte, die seit der letzten Welle der globalen Landnahme (2007-2008) noch immer schwelen, weiter verstärken. Dazu wird der Druck auf genutztes und ungenutztes Land zunehmen. Während von den Deals vor allem Unternehmen im Norden profitieren, haben die Menschen im Süden das Nachsehen.
Kasten 1: Welche Angaben enthalten die Daten?
Unsere Daten umfassen Projekte aus allen wichtigen Datenbanken für freiwillige Ausgleichsprojekte. Diese sind: American Carbon Registry (ACR), Climate Action Reserve (CAR), Gold Standard (GS), Verra (VCS), BioCarbono (BC), Cercarbono (CV) und Plan Vivo (PV). Sie umfasst auch Fälle der Website farmlandgrab.org, die noch nicht in den Registern zu finden sind.
Die Angaben in unserem Datensatz sind auf Projekte beschränkt, die:
– den großflächigen Anbau von Nutzpflanzen und/oder Bäumen auf einer Gesamtfläche von mehr als 100 ha zum Zweck der Erzeugung von Kohlenstoffgutschriften vorsehen;
– von Unternehmen vorangetrieben werden, die ihren Sitz außerhalb der betroffenen Gemeinden haben;
– seit 2016 und bis zum 31. März 2024 (ungefähr nach dem Pariser Abkommen) initiiert wurden; und
– im globalen Süden angesiedelt sind.
In den Projekten geht es entweder 1) um die Anlage von großen Plantagen oder 2) eine Vertragsproduktion mit Kleinbäuerinnen und -bauern. Alle Projekte binden die Nutzung des Landes für 20 Jahre oder länger an bestimmte Bedingungen.
Was ist in den Daten nicht enthalten?
REDD+ Projekte, die darauf abzielen, Entwaldung zu vermeiden.
Ebenfalls nicht enthalten sind:
– Projekte zur Bewirtschaftung von Weideland, die den Zugang zu Land und die traditionellen Praktiken von Viehhalter:innen beeinträchtigen;
– Projekte zur Wiederherstellung oder Schaffung von Mangroven, bei denen große Küstengebiete für die Anpflanzung von Mangrovenbäumen übernommen werden;
und
– Projekte, die Kohlenstoffgutschriften generieren, indem sie Bäuerinnen und Bauern Anreize geben, mit bestimmten landwirtschaftlichen Praktiken Kohlenstoff in den Böden anzureichern, oft «Carbon Farming» genannt.
Auch diese Projekte sind äußerst wichtig und können ebenso schwerwiegende Auswirkungen (einschließlich Landraub) auf die betroffenen Menschen haben. Sie wurden hier nicht erfasst, um den Datensatz überschaubar zu halten.[12]
Unsere Daten umfassen auch keine Projekte im globalen Norden, wie in Neuseeland, Schottland und Australien, wo nationale Programme, die Baumpflanzungen als Kohlenstoffkompensation unterstützen, zu einer Verdrängung der Nahrungsmittelproduktion geführt und den Zugang der Landwirt:innen zu Land eingeschränkt haben.[13]
Bislang finden Kompensationsgeschäfte dieser Art in 52 Ländern des globalen Südens statt. In nur vier Ländern ist die Hälfte aller Projekte angesiedelt: China, Indien, Brasilien und Kolumbien. Die flächenmäßig am stärksten betroffene Region ist Afrika mit Projekten, die sich über 5,2 Millionen Hektar erstrecken.[14]
Bei vielen dieser Projekte handelt es sich um Landgeschäfte zur Anlage riesiger Eukalyptus-, Akazien- oder Bambusplantagen. In der Regel handelt es sich dabei um Weideflächen oder Savannen, die bisher von den lokalen Gemeinschaften als Weideland oder für den Anbau von Nahrungsmitteln genutzt wurden.
Eine noch größere Anzahl von Projekten wird auf kleinen Bauernhöfen durchgeführt. In diesen Fällen müssen die Bäuerinnen und Bauern in der Regel nachweisen, dass sie über das Land verfügen. Dann werden sie dazu aufgefordert, Verträge zu unterzeichnen, in denen sie sich verpflichten, eine bestimmte Anzahl von Bäumen auf einem Teil ihres Landes zu pflanzen und zu pflegen. Die Rechte am Kohlenstoff, der in den Bäumen und im Boden gespeichert wird, müssen die Landwirt:innen an die Projektträger übertragen. Durch diese Verträge werden die Landwirt:innen zwar nicht von ihrem Land verdrängt, aber sie stellen eine Form der Vertragsproduktion dar. Die Landwirt:innen geben damit die Kontrolle über einen Teil ihres Landes für Jahrzehnte an ein externes Unternehmen ab. Sie können auf ihrem Land nicht mehr tun, was sie wollen. Die Projekte können auch eine Verlagerung von kollektiven Formen der Landbewirtschaftung zu privatisiertem, individuellem Eigentum fördern. (Siehe Kasten 2: Kohlenstoff-Kolonialismus)
Die Geldbeträge, die die Investor:innen mit diesen Geschäften einnehmen wollen, sind immens. Allein die Projekte, die wir in den Verra– und Gold-Standard-Registern gefunden haben, werden während ihrer Lebensdauer 2,5 Milliarden Emissionsgutschriften (1 Gutschrift = 1 Tonne entferntes CO2) erzeugen. Bei einem Durchschnittspreis von etwa 10 US-Dollar pro Gutschrift ergibt sich ein potenzieller Gewinn von 25 Milliarden US-Dollar.[15]
Windige Projektentwickler
Während diese Projekte ausschließlich in ländlichen Gebieten mit extrem niedrigen Pro-Kopf-Emissionen durchgeführt werden, ist bei den Unternehmen, die die Projekte durchführen, das Gegenteil der Fall. Mit Ausnahme der Projekte in Indien und China werden die meisten Kohlenstoffprojekte von ausländischen Unternehmen in reichen Ländern mit katastrophalen Emissionswerten geleitet – wie den Niederlanden, den USA, Singapur, der Schweiz, dem Vereinigten Königreich, Frankreich, Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten.[16] Hier ist eine eindeutige koloniale Dynamik am Werk, bei der Unternehmen und große NGOs aus dem Norden einmal mehr das Land von Menschen im globalen Süden für ihre eigenen Ziele und ihren eigenen Interessen nutzen.
Einige der Akteur:innen, die diese neue Welle des Landraubs vorantreiben, sind Wiederholungstäter:innen. Dies ist insbesondere in Afrika der Fall (siehe Kasten 3: Afrikas Landräuber sind wieder im Geschäft). Auch in der Forstwirtschaft gibt es mehrere Unternehmen, die bereits in der Vergangenheit Landraub betrieben und Konflikte mit lokalen Gemeinschaften ausgetragen haben. Ein großer Teil des Landes, auf dem nun riesige Eukalyptusplantagen des brasilianischen Papierriesen Suzano angelegt sind, wurde den indigenen und traditionellen Völkern Brasiliens weggenommen.[17] Und eine nicht zu vernachlässigende Anzahl von Projektentwickler:innen ist für illegale Geschäfte und Finanzskandale bekannt. Dazu gehören:
- Ricardo Stoppe Jr., Brasiliens «Kohlenstoffkönig», der im Juni 2024 verhaftet wurde, weil er ein illegales System zum Verkauf von Kohlenstoffgutschriften und zur Landnahme betrieben hat;[18]
- Martin Vorderwulbecke, ein deutscher Geschäftsmann mit einem Neembaum-Kohlenstoffprojekt in Paraguay, der beschuldigt wird, die nationale slowenische Fluggesellschaft um Millionen von Dollar betrogen zu haben;[19]
- Alexis Ludwig Leroy, ein französisch-schweizerischer Kohlenstoffhändler, der Baumpflanzprojekte in Côte d’Ivoire und der Demokratischen Republik Kongo entwickelt. Gegen ihn wird Berichten zufolge wegen Geldwäsche und finanziellen Verbindungen zu Kolumbiens «Kokainkönigin» ermittelt;[20]
- Vittorio Medioli, ein italienisch-brasilianischer Geschäftsmann und Politiker mit einer Kohlenstoffbaumplantage in Brasilien, der vor brasilianischen Gerichten wegen Devisenhinterziehung verurteilt wurde und gegen den wegen Kartell- und Bandenbildung im Transportsektor ermittelt wird;[21] und,
- Scheich Ahmed Dalmook al Maktoum, ein Mitglied der königlichen Familie der Vereinigten Arabischen Emirate, der in Afrika Dutzende von Millionen Hektar für Klimaschutzprojekte beansprucht, der beschuldigt wird, Ghana überhöhte Preise für die Lieferung von in Russland hergestellten Covid-Impfstoffen in Rechnung gestellt zu haben, und der bei seinen afrikanischen Kohlenstoffgeschäften von einem italienischen Geschäftsmann beraten wird, der wegen eines Konkursbetrugs verurteilt wurde, der eines der größten italienischen Telekommunikationsunternehmen in den Ruin trieb[22].
Das Geld, das diese «Kohlenstoff-Cowboys» ergaunern, stammt hauptsächlich von den emissionsreichsten Unternehmen der Welt, die daran interessiert sind, Kohlenstoffgutschriften zu kaufen, um ihre Emissionen nicht tatsächlich senken zu müssen. Ganz oben auf der Liste stehen fossile Unternehmen (siehe Kasten 4: Bäume pflanzen, um weiter Öl zu fördern). Aber auch Tech-Giganten wie Meta und Apple, Lebensmittelkonzerne wie Danone und Coca-Cola sowie Supermarktketten wie Mercado Libre und Carrefour sind daran interessiert. Amazon und der philanthropische Arm seines milliardenschweren Eigentümers Jeff Bezos sind ebenfalls stark involviert. Bezos kauft Gutschriften und finanziert die NGOs und Unternehmen, die die Plantagen betreiben, über Initiativen wie den AFR100-Fonds, der darauf abzielt, 100 Millionen Hektar in Afrika mit Bäumen zu bepflanzen.[23] Das Gleiche gilt für Entwicklungsbanken wie die niederländische FMO, die US-amerikanische International Development Finance Corporation oder die International Finance Corporation der Weltbank, die vielen Unternehmen, die Kohlenstoffplantagen betreiben, günstige Kredite, Versicherungen gegen politische Risiken und sogar Kapitalbeteiligungen gewähren.
Kasten 2: Kohlenstoff-Kolonialismus
Am 15. April 2022 versammelte sich eine Gruppe von etwa 150 Landwirt:innen vor einem Laden der belgischen Supermarktkette Colruyt. Hinter Schubkarren voller Erde stehend, beschuldigten die Landwirt:innen das Unternehmen, «Land zu stehlen», weil es Hunderte von Hektar des knappen Ackerlandes des Landes aufkaufe. «Jedes Stück Land, das Colruyt kauft, ist ein Stück Land, das den belgischen Familienbetrieben weggenommen wird», sagten sie[24]. Weit entfernt, in der Demokratischen Republik Kongo, erwirbt die Supermarktkette ebenfalls Land, aber aus ganz und gar nicht «lokalen» Gründen. Im Jahr 2021 erhielt Colruyt eine 25-jährige Konzession über 10.656 ha in der Provinz Kwango – etwa 50 Mal so groß wie die Flächen in Belgien. Colruyt plant, auf diesen Äckern, die derzeit von der lokalen Bevölkerung für den Anbau von Nahrungsmitteln genutzt werden, Baumplantagen anzulegen, um seine Emissionen auszugleichen. Natürlich wurden auch gleich Sicherheitsleute eingestellt, um die Bäume vor den Dorfbewohner:innen und deren Brandrodung zu schützen.[25]
Im benachbarten Uganda kauft die schwedische Hamburgerkette Max ebenfalls Emissionsgutschriften aus einem Kohlenstoffplantagenprojekt, allerdings mit einem anderen Ansatz. Anstatt die örtlichen Bäuerinnen zu verdrängen, bringt sie sie dazu, auf ihrem eigenen Land Bäume zu pflanzen. Die teilnehmenden Landwirt:innen unterzeichnen einen Vertrag, in dem sie sich verpflichten, Bäume zu pflanzen und zu pflegen und sich regelmäßigen Kontrollen zu unterziehen. Im Gegenzug erhalten sie Zahlungen für die Emissionsgutschriften, die Max als Ausgleich für seine Hamburger kauft.
Doch als ein Journalist:innenteam der schwedischen Medienseite Aftonbladet die Landwirt:innen Anfang 2024 besuchte, erlebten sie eine böse Überraschung:[26] Die Landwirt:innen sagten, sie hätten die Bäume nach Vorschrift gepflanzt, ohne allerdings zu wissen, dass diese Bäume die Treibhausgasemissionen eines Unternehmens ausgleichen sollten. Anfangs war alles in Ordnung, aber die Bäume wuchsen schnell und begannen, ihre Felder zu erobern, indem sie das gesamte Sonnenlicht, die Nährstoffe und das Wasser aufsaugten. Die jährlichen Zahlungen in Höhe von 100 US-Dollar aus den Kohlenstoffgutschriften deckten nicht den Verlust an Nahrungsmitteln und Einkommen aus ihren Ernten. Acht Jahre nach Beginn des Projekts stellte das schwedische Medienteam fest, dass die Landwirt:innen hungerten – und einige von ihnen fällten die Bäume trotz der Androhung einer Gefängnisstrafe. «Früher war ich so etwas wie ein Musterlandwirt», sagt Samuel Byarugaba, einer der Landwirte. «Die Leute kamen zu mir, um mehr über die Landwirtschaft zu erfahren, und ich war stolz darauf, unseren Hof zu zeigen. Wir hatten genug Lebensmittel, um uns selbst zu ernähren, und konnten die Überschüsse verkaufen. Jetzt ist das alles verschwunden.»
Auch Unternehmen aus dem Finanzsektor beginnen sich zu engagieren – ein beunruhigendes Zeichen dafür, dass noch viel mehr Geld für derartige Projekte mobilisiert werden könnte. Rabobank und BTG Pactual sind führende Beispiele für Finanzakteur:innen, die im Auftrag von Pensionsfonds, Milliardär:innen, Staatsfonds, Universitätsstiftungen, Entwicklungsbanken und anderen institutionellen Anlegern spezialisierte Fonds für Investitionen in Kohlenstoffplantagen einrichten. Ihre Investitionen in Kohlenstoffplantagen ergänzen den Landbesitz, den viele dieser Akteur:innen bereits durch Investitionen in Holz und landwirtschaftliche Flächen angehäuft haben [27].
Die Renewable Resources Group beispielsweise ist ein US-amerikanisches Private-Equity-Unternehmen, zu dessen Investoren Goldman Sachs und die Harvard University Endowment gehören. Das Unternehmen hat sich auf die «Monetarisierung» von Wasser spezialisiert, indem es Land in Teilen der Welt aufkauft, wo es Zugang zu billiger Bewässerung gibt, um hochpreisige Exportkulturen wie Weintrauben und Beeren zu produzieren. Das Unternehmen hat bereits mehr als 100 000 ha landwirtschaftliche Flächen in Teilen Mexikos, den USA, Chiles und Argentiniens erworben, wo Wasserknappheit herrscht [28]. Vor Kurzem hat es eine Abteilung für «naturbasierte Lösungen» gegründet und den in Deutschland ansässigen Private-Equity-Fonds 12Tree übernommen. Seit 2017 hat 12Tree 20.000 ha Land in Lateinamerika und Afrika erworben, um «regenerative» Farmen zu errichten, auf denen Bäume gepflanzt und Kohlenstoffgutschriften generiert werden.[29]
Zertifizierte Betrügereien
Ein großer Unterschied zwischen früheren Landnahmen für die Nahrungsmittelproduktion und der heutigen Landnahme für Kohlenstoffkompensationen besteht darin, dass die Kohlenstoffgeschäfte «zertifiziert» sind. Verra und Gold Standard, zwei der führenden Zertifizierungsunternehmen, erhalten hohe Geldbeträge, um sicherzustellen, dass die Kompensationsprojekte in Absprache mit den lokalen Gemeinschaften durchgeführt, dass diese nicht vertrieben werden und dass sie sogar einen gewissen Nutzen davon haben. Es ist die Art von System, von dem Organisationen wie die FAO, die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen und die Weltbank seit langem behaupten, es würde die Probleme des globalen Landraubes lösen.
Doch unsere Daten und die wachsende Zahl von Untersuchungen durch Wissenschaftler:innen, Medien und die Zivilgesellschaft widerlegen solche Behauptungen.[30] Wer könnte auch erwarten, dass ein Markt, der auf dem Erwerb von Land von ländlichen und indigenen Gemeinschaften im globalen Süden zum Nutzen von Unternehmen im globalen Norden basiert, etwas anderes als einen massiven Landraub darstellt? Kein Mechanismus des «Vorteilsausgleichs», der oft in Kohlenstoffgeschäfte eingebaut ist, ändert etwas daran.
Kasten 3: Afrikas Landräuber sind wieder im Geschäft
Der Ansturm auf Land, der auf die Nahrungsmittel- und Finanzkrise von 2007-2008 folgte, hat Afrika hart getroffen. Hunderte von Gemeinschaften wurden von ihrem Land vertrieben, um Platz für industrielle Großbetriebe zu schaffen. Doch obwohl viele dieser Farmen grandios gescheitert sind, kämpfen die Menschen immer noch darum, ihr Land zurückzubekommen [31]. Einige der Schuldigen an dieser Welle des Landraubs versuchen nun, Land für Kohlenstoffplantagen zu erwerben. Nachfolgend einige Beispiele.
Als Präsident des Agrargiganten Olam International beaufsichtigte Gagan Gupta aus Singapur 2011 das 300.000 ha große Landgeschäft von Olam in Gabun, um die größte Ölpalmenplantage Afrikas zu errichten. Seitdem ist das Unternehmen in Konflikte mit den Menschen vor Ort verwickelt. Jetzt leitet Gupta ein in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässiges Unternehmen, Sequoia Plantation, das – trotz Protesten der betroffenen Gemeinschaften – dabei ist, sich 200.000 ha in Togo, Gabun und der Republik Kongo für groß angelegte Baumplantagen mit Kohlenstoffausgleichskomponenten zu sichern.[32]
Der britische Geschäftsmann Kevin Godlington hat mehrere gescheiterte groß angelegte Landgeschäfte in Sierra Leone eingefädelt. Eines davon war eine Ölpalmenplantage im Distrikt Port Loko, für die Wälder gerodet und Menschen von ihrem Land vertrieben wurden. Inzwischen ist die Anlage in Konkurs gegangen. Unbeeindruckt davon bemüht sich Godlington nun um dasselbe Land mit einem neuen, an der Börse von Toronto notierten Unternehmen, das behauptet, Pachtrechte für 57.000 ha zu besitzen, um Bäume für Kohlenstoffgutschriften zu pflanzen. Einige dieser Gutschriften wurden bereits von British Petroleum gekauft. Wie bei der ersten Runde von Landgeschäften hat Godlington – auch wenn die Geschäfte eher schlecht laufen – bereits Millionen von Dollar aus diesem Projekt eingestrichen[33].
Ein weiterer britischer Geschäftsmann – Carter Coleman – baute die berüchtigte Reisfarm Kilombero Plantation Limited auf. Sie umfasst 5.818 ha Gemeindeland im Herzen des südlichen landwirtschaftlichen Wachstumskorridors Tansanias. Trotz massiver Unterstützung durch ausländische Entwicklungsbanken und Investor:innen ging die Farm 2019 in Konkurs. Nun ist Coleman zurück mit einem neuen Unternehmen namens Udzungwa Corridor Limited, das Kohlenstoffgutschriften generieren wird, indem es «seltene tropische Harthölzer» auf einem 7.500 ha großen Stück Land anpflanzt, das von lokalen Bäuerinnen und Bauern entlang des Kilombero-Naturschutzgebiets gepachtet wurde.[34]
Der italienische Geschäftsmann Andrea Tozzi, CEO des Familienunternehmens Tozzi Green, erwarb 2012 und 2018 11 000 ha Land in der Gemeinde Ambatolahy in der Region Ihorombe in Madagaskar, um die Biokraftstoffpflanze Jatropha anzubauen. Das Projekt scheiterte, und das Unternehmen stellte auf den Anbau von Mais für Tierfutter und von Pflanzen für ätherische Öle um. Die Gemeinden kämpften die ganze Zeit um die Rückgabe ihres Landes, das sie für den Weidegang ihres Viehs und den Anbau von Nahrungsmitteln für ihre Familien benötigen. Tozzi versucht nun, sein Projekt zu retten, indem er den Mais durch Akazien- und Eukalyptusplantagen ersetzt, um Kohlenstoffgutschriften zu erhalten. Auch dagegen wehren sich die betroffenen Gemeinden.[35]
Der aus Österreich stammende Geschäftsmann Karl Kirchmayer, der 147.000 ha Ackerland in Osteuropa aufgekauft hat, verfolgt jetzt ein afrikanisches Landnahmeprojekt: ASC Impact. Zusammen mit einem Berater des ugandischen Präsidenten und einem Geschäftsmann aus Dubai, der der königlichen Familie nahesteht, will er – hauptsächlich in Afrika – 60 Millionen Kohlenstoffgutschriften aus Mangroven- und Aufforstungsprojekten generieren. Diese sollen an Unternehmen in den Vereinigten Arabischen Emiraten verkauft werden. ASC Impact verhandelt derzeit über 27.000 ha in Äthiopien, 25.000 in Angola und 270.000 in der Republik Kongo.
Der rumänisch-schweizerische Geschäftsmann Frank Timis ist Gründer und Mehrheitsaktionär von African Agriculture Holdings Inc, einem an der Nasdaq-Börse notierten US-Unternehmen, das 25.000 ha Land von einem gescheiterten italienischen Unternehmen übernommen hat. Um Rückgabe dieser Flächen kämpfen die lokalen Gemeinschaften im Senegal bereits seit über einem Jahrzehnt. Sein Unternehmen ist auch für das größte Landgeschäft in unserer Datenbank verantwortlich: es geht um über 2,2 Millionen Hektar in Niger, wo das Unternehmen durch die Anpflanzung von Kiefern Kohlenstoffgutschriften erzeugen wird. Die Pachtverträge haben eine Laufzeit von 49 Jahren.
Und obwohl diese Millionen Hektar bereits zu viel sind, könnte es noch viel schlimmer kommen: Im Rahmen der UN-Klimaverhandlungen wird ein internationaler Mechanismus für den Handel mit Emissionszertifikaten entwickelt, der es Regierungen und Unternehmen aus Ländern mit hohen Emissionen ermöglichen würde, ihre nationalen Emissionen durch Kohlenstoffprojekte in anderen Ländern, vor allem im globalen Süden, auszugleichen.[36] Wenn dieser Mechanismus implementiert wird, könnte der Wert der Emissionszertifikate sprunghaft ansteigen und die Nachfrage nach Land für die Anpflanzung von Bäumen noch größer werden. Druck kommt auch von den Bestrebungen, Märkte für Biodiversitäts-Offsets zu schaffen, was einen Rausch unter Investor:innen auslösen wird, die mit den Gebieten von Kleinbäuerinnen und -bauern, indigenen Völkern und Hirt:innen ein Vermögen machen wollen.[37]
Die Vorstellung, dass das Pflanzen von Bäumen oder andere Mittel zur Erzeugung von Kohlenstoffgutschriften die Emissionen aus fossilen Brennstoffen kompensieren können, ist ein gefährliches Ablenkungsmanöver, das mit den tatsächlichen Emissionssenkungen, die zur Bewältigung der Klimakrise erforderlich sind, unvereinbar ist.[38] Man bedenke beispielsweise, dass selbst wenn die zweifelhaften Schätzungen zur Emissionsreduzierung der 279 Projekte in unserem Datensatz zuträfen, sie sich nur auf 55 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr belaufen würden. Dies reicht nicht einmal annähernd, um den Anstieg der weltweiten CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen um 90 Millionen Tonnen im vergangenen Jahr zu decken.[39]
Soziale Bewegungen und Organisationen müssen diese Probleme, Widersprüche und Betrügereien unnachgiebig aufdecken. Wir müssen auch mehr Informationen an die Gemeinschaften vor Ort weitergeben. Sie sind oft verunsichert durch das, was die Projektbefürworter:innen ihnen erzählen, und nicht darüber informiert, was andere Gemeinschaften erlebt haben. Sie werden fast nie darüber informiert, warum die Projekte entwickelt wurden und welche Folgen sie haben werden. Der Hype um das Geld, das unter dem Deckmantel des Vorteilsausgleichs an die Gemeinschaften fließt, kann zu internen Spaltungen führen und einige Familien dazu verleiten, Verträge zu unterschreiben, die sie vielleicht schon bald bereuen werden. Da all diese Kohlenstoffprojekte auf formellem Landbesitz beruhen, können sie auch die gemeinschaftlichen Systeme der Landverwaltung untergraben.
Es gibt bereits Fälle, in denen Gemeinschaften mit Gewalt und Einschüchterung konfrontiert waren, weil sie sich gegen Klimaschutzprojekte gewehrt haben, und solche Fälle werden noch zunehmen. Es wird daher immer dringender, Informationen und Erfahrungen über den Kohlenstoffhandel und seine Folgen auszutauschen – auf lokaler, nationaler, regionaler und internationaler Ebene –, damit wir ihn stoppen können. Die doppelte Bedrohung der Gemeinschaften – sowohl durch die Klimakrise selbst als auch durch diese Scheinlösungen – darf nicht weitergehen.
Kasten 4: Bäume pflanzen, um weiter Öl zu fördern
Im September 2023 schockierte der Ölkonzern Shell die Kohlenstoffmärkte, als er abrupt seine Pläne aufgab, bis 2030 auf 12 Millionen Hektar Land Bäume zu pflanzen – eine Fläche, die dreimal so groß ist wie sein Heimatland, die Niederlande.[40] Es gab jedoch nicht viel zu feiern, da das Unternehmen auch seine Pläne zur Verringerung der Ölproduktion aufgab.[41] Es ist auch nicht klar, ob sich Shell ganz aus der Kohlenstoffkompensationsbranche zurückgezogen hat. Shell besitzt immer noch eine Mehrheitsbeteiligung an einem niederländischen Biodieselunternehmen, das durch die Anpflanzung von Pongamia auf 120.000 ha in Paraguay Emissionsgutschriften generieren will.
Shells europäische Konkurrent:innen haben ihren Enthusiasmus für CO2-Plantagen noch nicht aufgegeben. Die italienische Eni hat ein Biokraftstoffunternehmen, das in Kenia Kohlenstoffgutschriften generieren will. Landwirt:innen wurden bereits mit dem Anbau von Krotonpflanzen auf zunächst 40.000 ha beauftragt. British Petroleum (BP) zahlte dem kanadischen Unternehmen Carbon Done Right Anfang dieses Jahres 2,5 Millionen US-Dollar für Kohlenstoffgutschriften aus einem 57.000 ha großen Aufforstungsprojekt, das das Unternehmen in Sierra Leone betreibt. Und der französische Ölkonzern TotalEnergies hat ein riesiges 38.000 ha großes Akazienplantagenprojekt zum Ausgleich seiner Emissionen in der Republik Kongo. Untersuchungen zu allen drei Projekten deuten auf schwerwiegende Auswirkungen auf die örtlichen Landwirt:innen hin[42].
Zwei der größten japanischen Energiekonzerne engagieren sich ebenfalls stark im Bereich des Kohlenstoffausgleichs. Marubeni betreibt zusammen mit einem argentinischen Geschäftsmann ein 31 000 ha großes Kiefern- und Eukalyptusplantagenprojekt in Angola.[43] Mitsui errichtet über seine australische Tochtergesellschaft New Forests auf gepachtetem Ackerland im Norden Tasmaniens Baumplantagen zur Erlangung von Kohlenstoffgutschriften, und über seine African Forestry Impact Platform erwarb es vor kurzem Green Resources AS, «ein norwegisches Unternehmen für Plantagenaufforstung und Kohlenstoffgutschriften, das für seine Geschichte von Landraub, Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung in Uganda, Mosambik und Tansania berüchtigt ist».[44]
Referenzen
GRAIN dankt dem Data Sciences Institute der Universität von Chicago, Linda Pappagallo und Manveetha Muddaluru für ihre Hilfe mit den Daten.
Der Artikel wurde ursprünglich auf grain.org, 17.09.2024, publiziert. Deutsche Übersetzung: E. Gelinsky (Red. emanzipation)
Bildquelle: Welcome to the (not so) new age of Carbon Cowboys. Foto von Karsten Winegeart auf Unsplash
[1] Zitat aus einem Videoausschnitt, verfügbar auf X: https://x.com/BenSwann_/status/1772251466314416198
[2] TIG, “BTG Pactual Timberland Investment Group stellt Microsoft 8 Millionen Emissionszertifikate zur Verfügung”, Juni 2024: https://timberlandinvestmentgroup.com/btg-pactual-timberland-investment-group-to-provide-microsoft-with-8-million-carbon-removal-credits/
[3] Shanna Hanbury, “US-Investitionen in den Naturschutz werden in die Eukalyptus-Expansion in Brasiliens Cerrado geleitet”, Mongabay, Juni 2023: https://news.mongabay.com/2023/06/u-s-conservation-investment-routed-to-eucalyptus-expansion-in-brazils-cerrado/
[4] Rabobank, “Carbon removal lessons from Microsoft’s Chief Environmental Officer”, Januar 2022: https://www.rabobank.com/about-us/carbon-bank/011191566/carbon-removal-lessons-from-microsofts-chief-environmental-officer
[5] Der Partner der Rabobank ist die Botuverá-Gruppe, ein Logistik- und Agrarunternehmen, das 47.000 ha Soja, Mais und Rinder in drei brasilianischen Provinzen bewirtschaftet. Das Unternehmen ist im Besitz der Familie Bissoni, die wiederholt zu Geldstrafen verurteilt und der illegalen Abholzung, des Betrugs, des Interessenkonflikts und der schlechten Waldbrandbekämpfung beschuldigt wurde. Siehe Mighty Earth, “Rapid Response Soy & Cattle Report”, Januar 2021: https://mightyearth.org/wp-content/uploads/RR_Report_Jan-2021.pdf und Andrew Wasley und Elisângela Mendonça, “As blazes on embargoed Amazon land surge, links to meat industry emerge,” Mongabay, Juli 2021: https://news.mongabay.com/2021/07/as-blazes-on-embargoed-amazon-land-surge-links-to-meat-industry-emerge/
[6] REDD-Monitor, “Rabobank’s tree planting project in Côte d’Ivoire overestimates carbon credits by 600%. Microsoft ist einer der Käufer dieser Gutschriften”, Juli 2024: https://reddmonitor.substack.com/p/rabobanks-tree-planting-project-in
[7] Follow the Money, “Rabobank verspricht eine bessere Welt mit dubiosen Kohlenstoffkompensationen”, Juli 2024: https://www.ftm.eu/articles/rabobank-promises-a-better-world-with-dubious-carbon-offsets
[8] World Rainforest Movement, “Ein neues zerstörerisches Geschäft: Kohlenstoffgutschriften aus Baumplantagen”, Juni 2024: https://www.wrm.org.uy/bulletins/issue-270
[9] World Rainforest Movement, “Baumplantagen für den Kohlenstoffmarkt: mehr Ungerechtigkeit für Gemeinschaften und ihre Territorien”, Juni 2024: https://www.wrm.org.uy/bulletins/issue-270
[10] REDD = Reducing Emissions from Deforestation and forest Degradation.
[11] GRAIN et al., “Presseerklärung: Stop carbon offsetting now!” 4. Dezember 2023: https://grain.org/e/7071; IPES, “Land Squeeze,” Mai 2024: https://ipes-food.org/report/land-squeeze/
[12] Zu den Auswirkungen von REDD+ Projekten auf Gemeinschaften siehe WRM & GRAIN, “How REDD+ projects undermine peasant farming and real solutions to climate change”, Oktober 2015: https://www.wrm.org.uy/publications/how-redd-projects-undermine-peasant-farming-and-real-solutions-to-climate-change. Zu Carbon farming siehe GRAIN, “From land grab to soil grab – the new business of carbon farming”, Februar 2022: https://grain.org/e/6804.
[13] Allein in Australien wurden in einer aktuellen Studie 182 Aufforstungsprojekte für Kohlenstoffgutschriften ermittelt, die 42 Millionen Hektar umfassen. Siehe Adam Morton, “Australia’s carbon credits system a failure on global scale, study finds”, Guardian, März 2024: https://www.theguardian.com/environment/2024/mar/27/australias-carbon-credits-system-a-failure-on-global-scale-study-finds
[14] Eine Aufschlüsselung der Projekte nach Regionen finden Sie unter: https://docs.google.com/spreadsheets/d/1_tbJjapr6gwgVXlA4cxot7FxbnhmCP8kQbKh173sf5A/
[15] Durchschnittspreis nach Schätzung von 8 Billion Trees, März 2024: https://8billiontrees.com/carbon-offsets-credits/new-buyers-market-guide/carbon-credit-pricing/
[16] Eine Aufschlüsselung der Herkunft der Unternehmen, die hinter den Projekten stehen, finden Sie hier: https://docs.google.com/spreadsheets/d/1TlRXSVJmpkp6_tJ8VNdcBYNvDcPaY9CQYqdwOWfYPd0/
[17] WRM, “Was Sie über Suzano Papel e Celulose wissen müssen”, August 2023: https://www.wrm.org.uy/publications/what-you-need-to-know-about-suzano-papel-e-celulose; NFU Kanada, “Widerstand gegen Landraub für Eukalyptusplantagen in Brasilien”, Oktober 2023:: https://www.nfu.ca/nfu-event/resisting-land-grabs-for-eucalyptus-plantations-in-brazil/
[18] Fernanda Wenzel, “Brazil police raid Amazon carbon credit projects exposed by Mongabay”, Mongabay, Juni 2024: https://news.mongabay.com/2024/06/brazilian-investigators-raid-amazon-carbon-credit-projects-exposed-by-mongabay/; Claudia Antunes, “‘Carbon cowboys’ ride into an Amazonian storm”, Sumauma, Juni 2023: https://sumauma.com/en/caubois-do-carbono-loteiam-a-amazonia/
[19] Tomaž Modic und Vesna Vuković, “Vermisste Adria-Millionen landen in Südamerika?” Uncensored, März 2023: https://necenzurirano.si/clanek/preiskovalne-zgodbe/izginuli-milijoni-adrie-koncali-v-juzni-ameriki-762446; “Adria’s former owner regroups”, Exyuaviation, März 2020: https://www.exyuaviation.com/2020/03/adrias-former-owner-regroups.html
[20] “Genfer Spezialist für erneuerbare Energien unter Geldwäscheverdacht”, Gotham City, August 2019: https://gothamcity.ch/2019/08/14/un-specialiste-genevois-des-energies-renouvelables-soupconne-de-blanchiment/; “Conde-Pumpidos Sohn erhielt einen 1-Millionen-Kredit von einer Bank, die von Drogenhändlern genutzt wird”, Lo Que Se Oculta, Mai 2018: https://www.loqueseoculta.informe25.com/2018/05/espana-el-hijo-de-conde-pumpido-recibio.html
[21] Wikipedia: https://pt.wikipedia.org/wiki/Vittorio_Medioli; “Zuckerrohrschneider aus Sklavenarbeit in Goiás befreit”, Repórter Brasil, April 2010: https://reporterbrasil.org.br/2010/04/cortadores-de-cana-sao-libertados-de-trabalho-escravo-em-goias/
[22] Patrick Greenfield, “The new ‘scramble for Africa’: how a UAE sheikh quietly made carbon deals for forests bigger than UK”, Guardian, November 2023: https://www.theguardian.com/environment/2023/nov/30/the-new-scramble-for-africa-how-a-uae-sheikh-quietly-made-carbon-deals-for-forests-bigger-than-uk; Matteo Civillini, “Meet the Italian fugitive advising Emirati start-up Blue Carbon”, Climate Home News, November 2023: https://www.climatechangenews.com/2023/11/23/meet-the-italian-fugitive-advising-emirati-start-up-blue-carbon/
[23] Bezos’ One Earth Fund steht auch hinter dem Land & Carbon Lab: https://www.landcarbonlab.org/. Mehr Informationen zu AFR100: https://afr100.org. Zu Amazon’s Baumpflanzprojekten: https://www.aboutamazon.com/news/sustainability/amazon-pledges-support-to-forests-and-communities-in-the-brazilian-amazon; https://www.aboutamazon.com/news/sustainability/updates-on-amazons-sustainability-efforts-to-aid-nature-based-solutions-and-carbon-removal; https://www.newswire.ca/news-releases/viridis-terra-collaborates-with-amazon-on-innovative-agroforestry-project-in-the-peruvian-amazon-rainforest-849817454.html
[24] “Colruyt accusée d’accaparer les terres agricoles au détriment des fermes familiales,” RTBF, April 2022: https://www.rtbf.be/article/colruyt-accusee-d-accaparer-les-terres-agricoles-au-detriment-des-fermes-familiales-10975432
[25] Siehe den Eintrag zu Colruyt im Datensatz zu Landgeschäften für Kohlenstoffplantagen.
[26] Staffan Lindberg, “Swedish fast food chain Max is offsetting its emissions – so we can eat burgers with a clear conscience” (inoffizielle Übersetzung), Aftonbladet, Mai 2024: https://farmlandgrab.org/32199
[27] Einige andere bemerkenswerte Beispiele, die in der Datenbank erscheinen, sind: The Rohatyn Group, Finance in Motion/Arbaro Fund, Ardian/Averrhoa Nature-Based Solutions Fund, Gavea Investimentos/Re:Green, TIAA-CREF, Aavishkaar Group und das Canadian Pension Plan Investment Board. Siehe auch GRAIN, “The global farmland grab goes green”, Mai 2021: https://grain.org/e/6667
[28] GRAIN, “Squeezing communities dry: water grabbing by the global food industry”, September 2023: https://grain.org/e/7039, siehe die Übersetzung auf emanzipation: https://emanzipation.org/2023/11/bis-zum-letzten-tropfen/
[29] Siehe den Eintrag zu RRG im Datensatz “Land deals for carbon plantations”.
[30] GRAIN et al., “Presseerklärung: Stop carbon offsetting now!” 4. Dezember 2023: https://grain.org/e/7071
[31] GRAIN, “Der globale Ackerlandraub 2016: Wie groß, wie schlimm?” Juni 2016: https://grain.org/e/5492
[32] “Le collectif des ressortissants des plateaux Batéké hostiles à la culture de l’eucalyptus dans le Haut- Ogooué,” Gabon News, April 2024: https://m.gabonews.com/fr/actus/environnement/article/le-collectif-des-ressortissants-des-plateaux
[33] SILNORF & HEKS, “Carbon done wrong,” Mai 2024: https://www.heks.ch/sites/default/files/documents/2024-05/HEKS_Silnorf_Port_Loko.pdf
[34] Siehe Eintrag zu Reterra Limited im Datensatz “Land deals for carbon plantations” und Oakland Institute, “Trendy but Risky: Questioning Outgrower Schemes in Light of the Agrica Rice Plantation in Tanzania”, Juli 2015: https://www.oaklandinstitute.org/blog/trendy-but-risky-questioning-outgrower-schemes-agrica
[35] Collectif Tany et al. “Open letter to Tozzi Green, BIO, Finnfund and the government of Italy,” Mai 2024: https://farmlandgrab.org/32230
[36] REDD-Monitor, “Artikel 6: Ein Schlupfloch, das das Pariser Abkommen untergraben könnte”, Januar 2024: https://reddmonitor.substack.com/p/article-6-a-loophole-that-risks-undermining
[37] Stellungnahme zivilgesellschaftlicher Gruppen zu biodiversity offsets and credits, Juli 2024: https://www.biodmarketwatch.info/
[38] CLARA, “CLARA responds to SBTi rejection of using carbon credits as offsets for addressing scope 3 emissions”, 30 Juli 2024: https://www.clara.earth/publications
[39] https://essd.copernicus.org/articles/15/5301/2023/
[40] ActionAid, “Shell’s net zero climate plans need land up to three times the size of the Netherlands for carbon offsets”, Mai 2021: https://actionaid.org/news/2021/shells-net-zero-climate-plans-need-land-three-times-size-netherlands-carbon-offsets; Milieudefensie, “How Shell is using Nature Based Solutions to continue its fossil fuel agenda,” Oktober 2022: https://en.milieudefensie.nl/news/shells-pipe-dream
[41] REDD-Monitor, “Shell scraps its carbon offsets programme,” September 2023: https://reddmonitor.substack.com/p/shell-scraps-its-carbon-offsets-programme
[42] T&E, “From Farm to Fuel: inside Eni’s African biofuels gamble”, Februar 2024: https://www.transportenvironment.org/articles/from-farm-to-fuel-inside-enis-african-biofuels-gamble; SILNORF & HEKS, “Carbon done wrong,” Mai 2024: https://www.heks.ch/sites/default/files/documents/2024-05/HEKS_Silnorf_Port_Loko.pdf; Source-Material, “Farmers say oil giant’s tree-planting scheme has barred them from their fields and threatens livelihoods,” Dezember 2022: https://www.source-material.org/total-oil-congo-carbon-offsetting-project-indigenous-land-forest/
[43] Siehe Eintrag zu Marubeni im Datensatz “Land deals for carbon plantations”
[44] Oakland Institute, “Green Colonialism 2.0”, August 2023: https://www.oaklandinstitute.org/sites/oaklandinstitute.org/files/green-colonialism.pdf