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Recht auf Stadt ist seit den 1990ern an vielen Orten der Welt erneut zur zentralen Parole der Politisierung und Bündelung städtischer Konflikte geworden. Stadtpolitische Bewegungen in den USA, Europa und Lateinamerika beziehen sich dabei explizit auf< diese Parole (vgl. Holm/Gebhardt 2011). Gleichzeitig sind aber auch Aspekte dieses Konzepts gerade hinsichtlich der Praktiken in den Kämpfen um die Plätze im Kontext der EU-Krisen-Proteste (Birke/Henninger 2012, Kastner et al. 2012), in den Auseinandersetzungen des Sommers 2013 in Istanbul, São Paulo oder Kairo (Adanali 2013 sowie Antunes 2013, Çakır 2013 und Meyer 2013 in diesem Heft), den Kämpfen um Land in Lateinamerika (Zibechi 2011) sowie in den urbanen Unruhen in Paris 2005, in London 2011 oder in Stockholm 2013 (Altenried 2012) zu erkennen.
Wie Andrej Holm (2010) hervorhebt, ist Recht auf Stadt dabei «mehr als nur ein guter Slogan», es stellt ein vielschichtiges und in Teilen auch widersprüchliches Konzept dar. Er und Dirk Gebhardt machen dabei vier Ebenen aus, auf denen Recht auf Stadt aktuell Entfaltung findet (Gebhardt/Holm 2011: 13–21): Erstens als analytischer Zugang, um im Anschluss an Henri Lefèbvre urbane Raumproduktionen anzusprechen; zweitens als ein politisches Projekt der Formulierung gesamtgesellschaftlicher Utopien; drittens als reformpolitischer Forderungskatalog, der etwa in der Form von vorgeschlagenen Verfassungsänderungen oder der «World Charter for the Right to the City» (WSF 2005) daherkommt; und viertens als Organisationsansatz, um verschiedene sonst zersplitterte Bewegungen zu bündeln.
Diese unterschiedlichen Ebenen verweisen auf die Notwendigkeit, dem nachzugehen, was Recht auf Stadt eigentlich sein soll. Im Folgenden wird es deshalb weniger um die Art und Weise gehen, wie urbane soziale Bewegungen das Konzept aufgreifen bzw. aufgegriffen haben, sondern vielmehr darum, das Konzept selbst zu diskutieren, wie es Ende der 1960er Jahre von Lefèbvre formuliert und seitdem von diversen Autoren aufgegriffen wurde. Dafür wird zunächst auf die Arbeiten von Lefèbvre eingegangen, um anschließend auf historische Bezüge zu verweisen. Dem folgend wird das Augenmerk auf ausgewählte aktuelle Rezeptionen und deren Unterschiede gelegt, um zum Schluss ein Fazit darüber ziehen, was Recht auf Stadt heute noch leisten kann (…)