Share This Article
Die Wirtschaftskrise dauert in den USA und in Europa nun bereits sechs Jahre. Trotz periodischer Erholungen bleiben die Wachstumsraten bescheiden. Die wirtschaftliche Entwicklung verläuft geographisch ausgesprochen ungleich. Während Deutschland und einige andere, auf hochwertige Exportproduktion spezialisierte, Länder ihre Wachstumsraten zwischenzeitlich wieder zu steigern vermochten, verbleiben die Länder Südeuropas in einer tiefen Depression mit anhaltendem Rückgang der Wirtschaftsleistung. Der Boom der Schwellenländer, der die Exportleistung Deutschlands und weniger anderer Länder stimulierte, hat sich aber bereits wieder abgeschwächt. Die Krise geht weiter. Eine grundlegende Erholung der Wirtschaft ist unwahrscheinlich, sogar in Deutschland.
Krisen sind oftmals Phasen umfassender Restrukturierungsprozesse. Viele große Konzerne in den USA haben in den vergangenen Jahren versucht, sich im Konkurrenzkampf neu aufzustellen und ihre Produktionssysteme neu organisiert. Auch in Europa werden wir vermehrt umfassende Restrukturierungen erleben. Es geht den europäischen Konzernen darum, ihre Wettbewerbsfähigkeit sowohl gegeneinander als auch gegenüber der Konkurrenz aus den USA und zunehmend aus China zu erhalten.
Die Gewerkschaften sind ausgesprochen schlecht auf diese Herausforderungen vorbereitet. Die IG Metall ordnet sich weitgehend den Erfordernissen des internationalen Konkurrenzkampfs unter und steht «ihren» Unternehmen in dieser Hinsicht bei, auf Kosten der Lohnabhängigen sowohl hier wie auch in den Ländern, wo die Unternehmen in diesem Konkurrenzkampf ins Hintertreffen geraten sind. Bei den anderen Gewerkschaften sieht es nicht grundsätzlich anders aus. Sowohl in den USA als auch in Europa sind die Gewerkschaften seit Ausbruch der Krise kaum mit einer wirkungsvollen Strategie in Erscheinung getreten. Besonders frappierend ist diese Situation in Italien und Spanien.
In Emanzipation 2.2 vor einem halben Jahr haben verschiedene Beiträge anhand konkreter Auseinandersetzungen und Beispiele Erneuerungsbestrebungen der Gewerkschaften, neue Formen betrieblicher Auseinandersetzungen und neue Organisationsformen sowie das Beharrungsvermögen bürokratischer Apparate erörtert. Zumeist ging es um die Frage, wie Lohnabhängige und ihre Organisationen ihre Suche nach neuen Strategien und Kampfformen gestalten. In diesem Heft von Emanzipation greifen wir die Problematik noch etwas grundsätzlicher auf (…)