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Eigentlich mag man es inzwischen schon bald nicht mehr lesen: «Ausgebrannt», «Volkskrankheit Burnout», «Wenn die Seele streikt»: So oder so ähnlich titeln regelmäßig Tageszeitungen, Sonderhefte und Wochenjournale – ein Gang durch die örtliche Bahnhofsbuchhandlung mag dies bestätigen. Das Thema psychische Belastung durch Arbeit ist offenbar vor allem dies: ein ziemlich sicheres Mittel zur Auflagensteigerung. Manchen bietet sich in diesem Zusammenhang zudem eine besondere Gelegenheit, nicht nur ökonomisches, sondern auch symbolisches Kapital zu generieren – man denke an den populären «Brief», den Miriam Meckel (ehemals «jüngste Professorin Deutschlands» und die Lebensgefährtin von TV-Moderatorin Anne Will) an ihr Leben schrieb (Meckel 2011). Die alte Frage der Repräsentation stellt sich hier neu, allerdings auf spezifische Weise: Nicht als Frage danach, wer für wen, sondern wer – angeblich stellvertretend für viele – talkshowkompatibel von sich sprechen darf. Zahlreiche empirische Untersuchungen belegen seit geraumer Zeit die Zunahme an arbeitsbedingten psychischen Belastungen – sei es in Bezug auf Arbeitsausfalltage, Frühverrentungen oder Medikamentenverordnungen. Zugleich sind seit einiger Zeit allerdings auch viele kritische Stimmen zu hören, die betonen, wir hätten es weniger mit einer tatsächlichen Veränderung gesundheitlicher Befindlichkeiten zu tun, als vor allem mit einem veränderten Diskurs um (seelische) Gesundheit. Und schließlich sind da noch die Leute selbst, die (potenziell) Betroffenen. Immer wieder berichten Betriebs- und Personalräte davon, dass das Thema psychische Belastung nach wie vor von den Beschäftigten ebenso wie vom Arbeitgeber tabuisiert werde. Erstaunlicherweise wird also einerseits unglaublich viel über das durch Arbeitsüberlastung «erschöpfte Selbst» (Ehrenberg 2004) geforscht, geredet und publiziert. Andererseits wird seine Existenz angezweifelt. Und schließlich sind da noch die Leute mit ihren stressigen Jobs und ihren Problemen (…)