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Christian Zeller und Catherine Samary unterhalten sich über die Gründe, warum sowohl große soziale Bewegungen und Gewerkschaften als auch antikapitalistische, sozialistische und ökosozialistische Kräfte seit bald zwei Jahrzehnten kaum mehr Visionen und programmatische Vorstellungen für die Gesellschaften Europas einbringen und trotz der enormen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Verflechtungen den Kontinent kaum als strategisch wichtige Handlungsebene auffassen. Das ist umso schwerwiegender, als für das Kapital die europäische Integration durchaus ein zentrales Herrschaftsprojekt ist. Es ist offensichtlich, dass nahezu alle großen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen kontinentale Antworten erfordern, und zwar in einem Verständnis globaler Solidarität. Wie können wir diese Herausforderung in einer ökosozialistischen Perspektive anpacken? Darum geht es in diesem erörternden und fragenden Gespräch.
Christian Zeller: Anfang der 2000er Jahre und sogar während der Wirtschaftskrise in den Jahren 2008 ff war die europäische, aber auch die internationale und globale Dimension viel stärker im Bewusstsein der radikalen, antikapitalistischen und sozialistischen Linken, aber auch in den sozialen Bewegungen, verankert als gegenwärtig. Seit etwa einem Jahrzehnt oder sogar länger, spätestens seit dem Scheitern einer solidarischen Antwort auf die europäische Krise in Griechenland, vollzieht sich ein Rückschritt im Denken über die europäische Dimension. Sogar die 2018 erneut erstarkte Klimabewegung hat sich in einer national zersplitterten Weise entwickelt, obwohl der Impuls transnational war. Natürlich gab es die gemeinsame Forderung, dass die Regierungen die Ergebnisse der Klimakonferenz in Paris 2015 respektieren sollten und alles tun sollten, um die Erderhitzung auf 1,5° C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, aber es gab nie eine strategische Debatte über gemeinsame Forderungen und Perspektiven auf kontinentaler Ebene, die eine echte Defossilisierung der Volkswirtschaften ermöglichen würden. Dieselbe strategische Lücke existiert aber auch bei den Gewerkschaften und anderen sozialen Bewegungen und nicht zuletzt bei nahezu allen Strömungen der antikapitalistischen Linken. Es gibt kaum Diskussionen, geschweige denn programmatische und strategische Entwürfe für eine solidarische und ökologisch verträgliche gesellschaftliche Organisation des gesamten Kontinents. Der sogenannte Internationalismus der Linken verbleibt entweder in abstrakten und nahezu inhaltslosen Floskeln oder beschränkt sich auf konkrete, aber teilweise aus dem Kontext herausgelöste Solidarität, mit bestimmten Bewegungen im sogenannten globalen Süden.
Catherine, Du hast Dich in den letzten beiden Jahrzehnten mehrfach mit wichtigen Diskussionsbeiträgen zur europäischen Herausforderung geäußert, natürlich vor dem Hintergrund deiner Erfahrungen in Frankreich und deiner langjährigen Beschäftigung mit demokratischen Bewegungen in Mittel- und Osteuropa. Wie versuchst du diesen Rückschritt zu erklären? Erinnern wir uns an das riesige Sozialforum in Florenz im November 2002. Das war ein großes Ereignis, das viel Hoffnung und Dynamik versprühte. Davon ist eigentlich fast nichts übriggeblieben. Wie erklärst du das?
Catherine Samary: Ich finde diese Frage sehr interessant und kompliziert, denn es gibt sowohl echte Rückschläge – als auch eine Überschätzung dessen, was die Fortschritte waren. Du hast gerade das Europäische Sozialforum in Florenz im Jahr 2002 erwähnt. Man muss daran erinnern, was dort passiert ist und was nicht mehr passiert. Gleichzeitig möchte ich auch die strukturellen Schwächen betonen, die von Anfang an vorhanden waren. Was das Forum in Florenz betrifft, zunächst eine kleine Anmerkung: Ich möchte zwei Hauptaspekte dessen hervorheben, was damals die Grundlage für einen gewissen Massenerfolg war, ohne den Anspruch auf eine systematische Analyse zu erheben. Der erste war die Stärke des Partito della Rifondazione Comunista in Italien. Es gab die Massendemonstration 2001 in Genua und das Sozialforum 2002 in Florenz. Doch zwei Jahre später war das alles wieder verschwunden. Der anschließende Niedergang der kommunistischen und postkommunistischen radikalen Linken Italiens, bleibt noch zu erklären, zusammen mit seinen Auswirkungen und Wechselwirkungen auf europäischer Ebene in Bezug der Schwierigkeiten oder sogar Rückschritte beim Aufbau einer radikalen europäischen Linken. Der zweite Faktor, der dem Forum in Florenz eine Massenwirkung verlieh, war der heranziehende Krieg der USA gegen den Irak. Als Reaktion auf den damaligen Aufruf kam es am 15. Februar 2003 zu den weltweiten Massendemonstrationen gegen den Krieg. Das war enorm. Aber das war noch nicht genug, um eine dauerhafte Bewegung auf europäischer Ebene aufzubauen. Wir müssen also über die Veranstaltung des Europäischen Sozialforums hinausgehen und tiefergehende Überlegungen anstellen.
Es stimmt, dass es eine Zeit lang beispielweise auf der Ebene der radikalen Linken – du erwähnst das in deiner kurzen Einleitung (zu dieser Ausgabe von emanzipation) – europäische Treffen verschiedener Strömungen usw. gegeben hatte. Es stimmt auch, dass später die Niederlage in Griechenland und das Umkippen der damals in Griechenland regierenden Linkspartei Syriza ein Trauma erzeugt haben. Aber ich möchte gleichzeitig sagen, dass diese europäischen Treffen oberflächlich oder sogar sprachlos waren, im Hinblick eine gemeinsame, wirklich „europäische“ Ausrichtung gegenüber dem EU-Konstrukt und den Alternativen, die man ihm entgegenstellen könnte. Es gab eine Aneinanderreihung von allgemeinen „antikapitalistischen“ und kritischen Positionen zu dem, was die EU ist, aber keine programmatische „Übergangs“-Logik in/gegen/außerhalb der EU, die darauf abzielt, „ein anderes Europa“ für „eine andere Welt“ aufzubauen, indem man Einfluss auf die konkrete politische Dynamik in monetärer, sozialer, politischer, ökosozialistischer Hinsicht nimmt.
2005 gab es in Frankreich die Massenbewegung gegen den europäischen Verfassungsvertrag unter Beteiligung von Attac, der globalisierungskritischen Bewegung und der aktiven Rolle von breiten Komitees. Diese Bewegung beruhte auf einer systematischen, konkreten und radikal kritischen Analyse dieses Entwurfs des europäischen Verfassungsvertrags.[1] Ich glaube, dass es nirgendwo sonst in Europa eine derartige Selbstorganisation und Reflexion gab. Sie stellte ein Element der handlungsorientierten Volksbildung zu den europäischen Herausforderungen dar. Mit unserem „Nein“ stellten wir uns dem reaktionären „Nein“ der souveränistischen und nationalistischen Rechten und extremen Rechten sowohl auf innenpolitischer Ebene – welche „französische Nation“ – als auch auf europäischer und internationaler Ebene –welche gemeinsamen Orientierungen mit anderen Bevölkerungen gegen die neokoloniale Politik – entgegen. Unser „Nein“ im Sinne der Globalisierungskritik wurde von den Basiskomitees getragen, die sich kritisch mit dem europäischen Vertrag auseinandergesetzt hatten. Dieser Ansatz verkörperte eine gewisse Übergangsprogrammatik. Das heißt, es war ein Ansatz der Kritik des neoliberalen Gehalts, der Grenzen unter demokratischen, sozialen, ökologischen und demokratischen Gesichtspunkten dieses Vertrags – aber nicht, um die nationalen Grenzen als an sich fortschrittlich aufzuwerten und die strategischen europäischen Herausforderungen zu verdrängen.
CZ: Aber worin besteht diese strategische Dimension der europäischen Ebene?
CS: Es gab keine systematische Diskussion, geschweige denn einen klaren Konsens, aber Ansätze von Überlegungen. Ich möchte in diesem Zusammenhang den Text erwähnen, den wir zu dritt (Antoine Artous, Dominique Mezzi und ich) 2003 für Critique Communiste geschrieben hatten: „Peser sur l’émergence d’une autre Europe“ (die Entstehung eines anderen Europas beeinflussen). Wir veröffentlichten ihn 2012 erneut in der Zeitschrift Contretemps, wobei wir drei ihn mit einer gemeinsamen kontextualisierten Darstellung der durch die griechische Krise dramatisierten europäischen Herausforderungen einleiteten[2]. Gleichzeitig setzten wir das linke „Nein“ fort, das wir 2005 gegen den neuen „Europäischen Verfassungsvertrag“ verteidigt hatten, der vermeintlich in einem pseudo-demokratischen „Konvent“ unter dem Vorsitz des ehemaligen französischen Präsidenten Giscard d’Estaing diskutiert wurde. Auch andere Texte und Debatten brachten globalisierungskritisch zum Ausdruck, warum die europäische Herausforderung für die Suche nach einer Globalisierungsalternative wichtig ist.
Aber auf der Ebene der radikalen Linken blieb es selbst bei den europäischen politischen Treffen, die ich vorhin erwähnte, bestenfalls bei der Logik des politischen Kampfes auf nationaler Ebene – mit der Optik internationaler Verbindungen. Aber warum europäische Treffen? Ihre Teilnahme erfolgte überwiegend aus praktischen Gründen, allerdings ohne strategische Vision. Nur einige Teilnehmer:innen, entweder Mitglieder der damaligen Ligue Communiste Révolutionnaire (LCR) oder der globalisierungskritischen Bewegung, betonten, dass die europäische Ebene keineswegs im Gegensatz zur nationalen und internationalen Ebene stehe, sondern eine mittlere, konkrete taktische und strategische Ebene darstelle. Beispielsweise müssten angesichts der Klimakrise oder der Katastrophe des Atomkraftwerks in Tschernobyl die nationalen Grenzen überschritten werden. In der Tat ist die Ebene des Kontinents eine wesentliche operative Ebene. Dasselbe gilt für die Herausforderungen beim Aufbau eines alternativen Verkehrswesens, insbesondere für die Entwicklung des Schienenverkehrs oder der Binnenschifffahrt aus ökologischen Gründen usw., auch hier ist der Kontinent eine geeignete Struktur.
Auf politischer Ebene sollte die Tatsache, dass es die Europäische Union gibt, nicht bedeuten, dass sich unser Handeln auf die Europäische Union beschränken oder sich in ihr einschließen müssen. Aber die EU ist eine politische Herausforderung. Die Tatsache, dass die Bourgeoisie sich auf der Ebene der Europäischen Union organisiert oder versucht, sich zu organisieren, stellt eine besondere europäische Herausforderung für die Arbeiter:innenbewegung im weitesten politischen, gewerkschaftlichen und feministischen Sinne sowie für die emanzipatorischen sozialen Bewegungen dar. Deshalb hatten wir 2012 den europäischen Alter Summit gegründet.[3] Das bedeutete nicht, dass wir im Rahmen der Europäischen Union verblieben. Wir ließen uns keineswegs durch die Grenzen und die Institutionen der Europäischen Union einschränken. In diesem Sinne wurde mit den Treffen des Alter Summit in Belgien in der Hoffnung auf eine gewerkschaftliche Präsenz ein Anfang gemacht, um zu reflektieren und zu organisieren.
CZ: Warum hat es dann nicht geklappt?
Zunächst einmal, weil die europäische Zersplitterung eine Realität ist, die die Versuche einer europäischen Organisation auf allen Ebenen erschwert und fragil macht. Unter den linksradikalen Organisationen teilten, wie ich bereits sagte, selbst diejenigen, die in den frühen 2000er Jahren an den Treffen der radikalen europäischen Linken teilnahmen, keineswegs die Idee, dass eine strategische und programmatische Herausforderung besteht.
Diese Schwierigkeiten entkräfteten nicht die Notwendigkeit ein Übergangsprogramm zu entwickeln, das sich vom Nationalen zum Internationalen artikuliert, aber mit europäischen Übergangsforderungen, besonders in Bezug auf die Europäische Zentralbank, die Währung, die ökologischen Herausforderungen, die Herausforderungen im Verkehrsbereich, die europäischen öffentlichen Dienstleistungen, die Forschung und die Bildung. Unter der Initiative von Eric Toussaint und seinem CADTM (Komitee zur Streichung der illegitimen Schulden) fanden 2018 über ein Jahr lang Treffen unter dem Motto „Recommons Europe“ statt, bei denen versucht wurde, eine Art Manifest für einen neuen populären Basisinternationalismus zu erarbeiten.[4]
Ich habe an diesen Treffen in Belgien teilgenommen. Aber diese Projekte, obwohl sie eine Art programmatischen Ansatz vermittelten, blieben eklektisch. Und der oben erwähnte Text (Fußnote 2), den ich mit Antoine Artous und Dominique Mezzi für einen Übergangsansatz auf europäischer Ebene geschrieben hatte, blieb unbeantwortet und ohne Auswirkungen.
In der Praxis kamen nur sehr wenige gewerkschaftliche Kräfte, um mit der Union Solidaire in Frankreich am Alter Summit mitzuwirken. Das war sehr fragil. Und dann gab es die Auseinandersetzung mit einem doppelten Schock: dem Schock des griechischen Scheiterns und dem Brexit.
Daraufhin theoretisierten einige Genoss:innen, dass die griechische Erfahrung zeige, dass überall, sobald eine Bewegung mit einer sozialen, antikapitalistischen Dynamik entstehe – wie in Griechenland – die Europäische Kommission das Ganze stoppen würde. Sie stellten die Europäische Union als eine organisch konterrevolutionäre Organisation dar. Ich antwortete in der Zeitschrift Contretemps und argumentierte, dass es sich um eine offene Frage handelte.[5] Das heißt, dass – gegenüber den europäischen Institutionen wie auch gegenüber den nationalen Institutionen, die alle offensichtlich von der Bourgeoisie beherrscht werden – es vom Klassenkampf abhänge und dass die Europäische Union natürlich in einem reaktionären und repressiven Sinne ein Gefängnis für die Völker werden könne. Aber dieses Konstrukt sei zerbrechlich, und zwar für die Bourgeoisie selbst. Zudem könne die Kraft des Widerstands vervielfacht werden, wenn man sich nicht auf die nationale Ebene beschränkt und wenn ein nationaler Kampf von anderen Kämpfen auf europäischer Ebene verstärkt werde. Aus diesem Grund schrieb ich über die Notwendigkeit, in, gegen und außerhalb der Europäischen Union zu kämpfen, um ein anderes Europa aufzubauen. Ich vertrat die Idee, dass es keinen Lexit (Left Exit oder Linker Austritt aus der EU) geben sollte – und auch keinen Frexit (Austritt Frankreichs) oder Brexit (Austritt Britanniens), ohne ein anderes Europa aufzubauen.[6] Das war der Titel meines Beitrags, der eine Antwort auf diese pessimistische Theoretisierung jeglicher europäischen Konstruktion als Völkergefängnis war. Ich sagte: das sei eine offene Frage, deshalb müsse man kämpfen.
CZ: Wir stehen vor einer komplizierten Herausforderung. Auf der einen Seite stützt sich die Europäische Union seit ihren Anfängen gegen Ende der 1950er Jahre auf neoliberale Säulen. Man muss also einen politischen Ansatz im Verhältnis zu diesen Säulen der Europäischen Union und ihrem neoliberalen Charakter finden, der sich in den 1980er-, 1990er- und 2000er-Jahren deutlich verstärkt hatte. Auf der anderen Seite stimme ich mit dem überein, was du über eine europäische Perspektive gesagt hast. Es muss ein kontinentaler Übergangsansatz entwickelt werden. Mit kontinental meine ich explizit, dass die Staaten in Europa, die nicht Mitglied der Europäischen Union sind, Teil dieses Prozesses sein müssen, also beispielsweise die Ukraine und weitere Staaten. Wie kann man diesen Widerspruch auf dialektische Weise miteinander verbinden? Auf der einen Seite stellen wir die Säulen der Europäischen Union in Frage. Auf der anderen Seite treten wir für ein solidarisches und ökologisch verträgliches Europa ein. Wir müssen eine soziale, ökologische, kontinentale, europäische Übergangsperspektive entwickeln.
Natürlich bedeutet gegen die Europäische Union zu sein nicht, Ideen eines nationalen Souveränismus zu unterstützen. Man muss die europäische Idee in einem demokratischen, solidarischen und ökologischen Sinne verteidigen. Einerseits kritisieren wir die Europäische Union sehr grundlegend, andererseits brauchen wir einen europäischen, kontinentalen Ansatz.
CS: Ich vertrete die Auffassung, dass alle Ebenen Schauplätze von Klassenkämpfen und widersprüchlichen Kämpfen sind: Auf jeder Ebene kann es reaktionäre, faschistische und rechte Ansätze geben, auf lokaler, nationaler, europäischer oder internationaler Ebene. Es gibt also nicht so etwas wie die Wahrung einer progressiven Identität in Abhängigkeit vom Raum (nach Ansicht einiger ist dies der nationale Raum, für andere der supra-nationale). Ich schließe mich diesen Ansätzen nicht an. Entscheidend ist der soziale und politische Gehalt – und damit auch das Kräfteverhältnis gegenüber einem Klassenfeind, der von der lokalen über die europäische bis hin zur globalen Ebene organisiert ist. Man muss ihm also entgegentreten, indem man diese verschiedenen „politisch-territorialen“ Ebenen artikuliert.
Zweite Bemerkung: Man braucht für eine Orientierung, die Bestand hat, zunächst eine konkrete und nicht oberflächliche Analyse eines Objekts, das historisch ohne Präzedenzfall, nicht konsolidiert und widersprüchlich ist: das europäische Konstrukt, das sich zunächst Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und dann Europäische Union nannte. Es ist etwas, das sich aus der Sicht der Initiator:innen einschließlich der Entscheidungsträger:innen selbst noch im Aufbau befindet und mit Krisen wie der Finanzkrise, der Covid-Krise, dem Krieg – und der Notwendigkeit, die EU in sich verändernden globalen Kontexten zu erweitern – konfrontiert ist.
Die Institutionen sind, so wie sie sind, nicht in der Lage, die Länder aufzunehmen, die angesichts der Putin‘schen Politik um Beitritt ersuchen. Das sind nicht nur die Ukraine, sondern auch Moldawien, Georgien und weitere Länder, auch solche, die mit kriegerischen Herausforderungen konfrontiert sind. Unsere Analyse muss also historisch, kontextualisiert und kritisch sein. Das bedeutet natürlich, den neoliberalen Inhalt der EU herauszustellen – nach der internationalen Wende der 1980er Jahre, aber auch angesichts eines instabilen europäischen und internationalen Kontexts (darunter der von Putin initiierte Krieg sowie der Trumpismus).
Wie können wir also aus einem kritischen, antikapitalistischen und solidarischen Blickwinkel auf die Kämpfe der Völker gegen alle Formen der Herrschaft handeln?
Zunächst ist es dringend notwendig diese kritische Analyse des europäischen Integrationsprozesses zu aktualisieren und seine Fragilität und seine Widersprüche aufzuzeigen. Der Draghi-Bericht, der gerade auf EU-Ebene veröffentlicht wurde, spricht ausdrücklich von einem fragmentierten Konstrukt in der Krise, das aber gleichzeitig mit dem Schock der Trump-Wahl und dem Schock des Krieges konfrontiert ist.
Die vergangene Geschichte zeigt, dass die (offensichtlich bürgerlichen) „Fortschritte“ des europäischen Aufbaus wie die Einrichtung eines Europäischen Parlaments, der Europäischen Union und eines Europäischen Währungssystems mit dem Euro – also die verschiedenen institutionellen Schritte – Antworten auf Krisen waren. Dabei handelt es sich nicht per se um „Fortschritte“ (für die betroffenen Völker), sondern aus Sicht der Bourgeoisie selbst um den Ausdruck einer gewissen Notwendigkeit des europäischen Aufbaus, um gegenüber den großen Blöcken wie China und den USA bestehen zu können und um handlungsfähig zu sein. Gleichzeitig ist die Bourgeoisie in der EU jedoch weiterhin mit ihrer eigenen Zersplitterung konfrontiert.
CZ: Wie können wir in diesem Zusammenhang die europäische Ebene behandeln?
Die wirkliche Frage für progressive, gewerkschaftliche, zivilgesellschaftliche, feministische, ökologische, linksradikale und antikapitalistische Strömungen lautet: Welche Gründe rechtfertigen es, zum Aufbau einer europäischen Bewegung für soziale Umweltgerechtigkeit, gegen alle Unterdrückungsverhältnisse, innerhalb, gegen und außerhalb der Europäischen Union aufzurufen, also einer Bewegung, die sich nicht auf die bestehenden Grenzen, die bestehenden Institutionen beschränkt? Und die Antwort lautet: Ja, aus den bereits genannten Gründen. Die Antwort lautet: Ja, in ökologischen Fragen ist es relevant eine europäische Ebene zu bearbeiten. In Bezug auf die Kriege ist es sinnvoll, sich nicht nur auf die Mitgliedsländer der Europäischen Union zu beschränken. Das gilt auch für die Probleme der sozialen Gerechtigkeit, wenn wir nicht eine Wettbewerbslogik anwenden wollen, die die Unterschiede zwischen den reichen und armen Regionen dieses Raums verschärft, die gesellschaftliche Katastrophen produziert und gleichzeitig rechtsextreme Kräfte und Rassismus begünstigt. Es muss eine solidarische, progressive Alternative aufgebaut werden.
Man muss von konkreten Herausforderungen ausgehen, anstatt zu warten. Die Versuche die europäische Herausforderung, durch die Forderung sehr kleiner Kräfte, die nichts repräsentieren, nach einer verfassungsgebenden Generalversammlung anzunehmen, scheiterten. Man muss diesen verfassungsgebenden Horizont, einschließlich verfassungsgebender Vorstöße zu einem bestimmten Zeitpunkt, haben. Aber dieser Weg ist ausgehend von konkreten, europäischen Kampagnen zu beschreiten.
Die russische Invasion in der Ukraine sollte eine politische Reflexion über den Inhalt von Frieden auslösen, die aber sowohl gegen abstrakte Pazifist:innen als auch gegen Militarist:innen gerichtet ist. Die abstrakten Pazifist:innen unterscheiden nicht zwischen dem Recht auf Widerstand (mit und ohne Waffen) gegen die russische Invasion in der Ukraine und der Notwendigkeit, die Feuereinstellung des Staates Israel gegen die Bevölkerung von Gaza zu erzwingen. Gleichzeitig müssen wir uns gegen die Militärhaushalte aussprechen, die den Krieg in der Ukraine zum Vorwand nehmen, um die Militärblöcke und insbesondere die NATO mit all ihren problematischen historischen Inhalten zu festigen und auszuweiten. Das müssen wir weiterhin kritisieren. Ebenso müssen wir eine Rüstungsindustrie und Rüstungsausgaben kritisieren, die der Logik des Profits und der neokolonialen Herrschaft gehorchen. Wir müssen also die Waffenfrage politisieren. Aber man kann die Waffenfrage nicht politisieren, ohne die Vergesellschaftung der Rüstungsindustrie auf die Tagesordnung zu setzen. Das ist ein Thema, das wir beide bereits in anderen Texten angesprochen haben.
Eine Bewegung für einen gerechten und dauerhaften Frieden ist eine Bewegung, die das Recht auf Widerstand gegen Besatzungen verteidigt – von der Ukraine bis nach Palästina. Diese Bewegung muss dekolonial sein und gleichzeitig die Kontrolle der Rüstungsindustrie fordern. Man kann diese nur dann auf der Haushaltsebene kontrollieren, sei es auf nationaler oder europäischer Ebene, wenn die Rüstungsindustrie vergesellschaftet wird. Unnötige Ausgaben müssen gestrichen und in andere, nützlichere Ausgaben umgewandelt werden, aber gleichzeitig muss diskutiert werden, welche Waffen man braucht und an wen man sie schickt, nicht an Diktaturen, nicht an Israel, sondern an die Ukraine. Gleichzeitig muss man in Verbindung mit den Bewegungen von unten in der Ukraine handeln und ihrem Widerstand gegen die Art und Weise, wie Zelensky den Krieg führt – durch Angriffe auf soziale Rechte und öffentliche Dienstleistungen. Ebenso muss man die Soldat:innen in der Ukraine unterstützen, die sich gegen Ungleichheit und mangelnde Transparenz bei der Mobilisierung wehren. Es ist also ein Kampf mit vielen Dimensionen.
CZ: Eine zentrale Herausforderung ist das Erstarken nationalkonservativer, rechtsextremer und faschistischer Strömungen. Das geschieht von Land zu Land unterschiedlich, aber es ist ein allgemeiner Trend. Dafür gibt es viele Gründe. Ein Grund für das Erstarken dieser Strömungen ist das Scheitern einer europäischen Einigung unter der Dominanz der Neoliberalen. Die europäische Vision hat bei den Lohnabhängigen in vielen Ländern an Glaubwürdigkeit verloren. Eine Reaktion darauf sind reaktionäre souveränistische Vorstellungen. Es gibt auch sogenannte linke Souveränisten. Aber das bleibt zutiefst reaktionär. Linke Kräfte versuchen, auf das Aufkommen dieser rechten Strömungen zu reagieren. Aber sie beschränken sich wiederum auf den nationalen Raum, manchmal sogar auf den lokalen oder regionalen. In Deutschland wird in der Linken diskutiert, wie man verhindern kann, dass die AFD immer stärker wird. In Frankreich gibt es dieselbe Herausforderung in Bezug auf das Rassemblement National. In Italien führen die Fratelli d’Italia bereits die Regierung. Es gibt verschiedene, verzweifelte Reaktionen der Linken, die sich aber auf die nationale Ebene beschränken und sich deshalb selber schwächen.
CS: Ja, tatsächlich hast du bereits einige Elemente der Antwort gegeben, aber es ist kompliziert. Außerdem handelt es sich nicht nur um europäische Herausforderungen. Ich denke, wir müssen die Diskussion und die Antworten vom Nationalen über das Europäische bis hin zum Internationalen artikulieren. Wir sehen den Aufstieg aller Arten von Rechtsextremen in den verschiedenen Ländern und auf internationaler Ebene, von Putin über Netanjahu, Bolsonaro und Marine Le Pen. Es müssen breite Bündnisse gegen diese verschiedenen Rechtsextremen auf mehreren Ebenen aufgebaut werden – auf lokaler, europäischer und internationaler Ebene.
Sicher ist, dass einer der Gründe des Aufstiegs der extremen Rechten, wie du es erwähnt hast, die neoliberale Politik in Europa ist, die die sozialen Ungleichheiten verstärkt, mit allem, was das auch an prekären Arbeitsverhältnissen, der Ausbeutung von Migrant:innen und Rassismus mit sich bringt. Aber es fehlt ein alternativer linker Aufbau auf europäischer Ebene.
Man muss in der Lage sein, den Entwurf einer konkreten alternativen Perspektive zu verkörpern. Das wirft bei der Suche nach Antworten auf fossile Energien und Atomkraft die Problematik der Planung auf verschiedenen territorialen Ebenen sowie des Aufbaus von Bündnissen auf, die die Verteidigung sozialer Rechte – darunter Umschulungen in der beruflichen Tätigkeit und die Transformation der Arbeitsorganisation einschließlich ihrer geschlechtsspezifischen und rassistischen Aspekte – als Teil der vorgeschlagenen gesellschaftlichen Transformation beinhalten. Wenn du versuchen willst, alternative Antworten mit erneuerbaren Energien zu finden, die gleichzeitig die Atomkraft vermeiden, brauchst du Konversionsprojekte in zahlreichen Sektoren (Verkehr, Gebäude, öffentliche Dienstleistungen), die mit geplanten Umschulungen von Arbeitskräften und entsprechenden Ressourcen einhergehen. Du kannst ideologisch nicht einfach mit der Annahme gewinnen, dass ein ökologisches Wirtschaften auf Kosten sozialer Rechte geht und dass grundlegende Bedürfnisse dem bestehenden System geopfert werden. Die Einbeziehung der von den Entscheidungen betroffenen Bevölkerung ist die wichtigste Herausforderung, um die Schwierigkeiten der Mobilisierung zu überwinden. Die Rolle der politischen und gewerkschaftlichen Organisationen, der feministischen und antirassistischen Vereinigungen besteht darin, diese Einbeziehung auf vielfältige und demokratische Weise zu erleichtern. Die lokale Verankerung muss durch europäische Verbindungen gefestigt werden – und umgekehrt.
CZ: Dazu kommen allerdings unerwartete Veränderungen. Es gilt eine solidarische Antwort auf den Krieg Russlands gegen die Bevölkerung in der Ukraine zu finden, die mit der Frage der Sicherheit in Europa verbunden ist. Die Linke steht vor einer wirklich schwierigen Frage, die mit Dilemmas verbunden ist. Auf der einen Seite muss man den Widerstand der Ukraine unterstützen. Auf der anderen Seite ist der traditionelle Ansatz, die Rüstungshaushalte zu kürzen und langfristig sogar die Armee in Frage zu stellen richtig. Der ökologische Umbau schließt auch die Konversion der Rüstungsindustrie ein. Außerdem ist es nicht auszuschließen, dass es in Zukunft ähnliche Kriege wie in der Ukraine anderswo geben wird. Die gleiche Frage stellt dann sich erneut. Das ist ein Dilemma. Wie denkst du darüber? Wie gehst du mit diesem Dilemma um?
CS: Wir sind mit enormen Spannungen konfrontiert. Sehr wichtig ist, dass wir gemeinsam den Kampf sowohl für die Solidarität mit dem ukrainischen Widerstand sowie die demokratische Kontrolle ihrer Unterstützung und der Budgets – der sozialen und ökologischen Budgets – als auch gegen die Idee führen, dass man die Ukraine nur unterstützen kann, indem man die Militärbudgets auf Kosten der sozialen und ökologischen Ausgaben ausweitet. Es geht also darum, zu zeigen, dass man an mehreren Fronten kämpfen muss (in Verbindung mit den progressiven Kräften in der Ukraine). Das ENSU-Netzwerk hat einen Text veröffentlicht, der diese Ausrichtung und ihre Dualität zum Ausdruck bringt, das heißt, sowohl die Kontrolle der Militärbudgets als auch die Intensivierung der Solidarität mit der Ukraine gegen die Aggression zu fordern.[7] Man muss die heuchlerische Rhetorik entlarven, die den Krieg in der Ukraine ausnutzt, um die Militarisierung der Köpfe, die Militarisierung der Gesellschaften, der Armeen – und die Logik der „Einflusszonen“ (die Putin betreibt) – voranzutreiben. Wir müssen die Politik jedes Landes analysieren, egal ob es Mitglied der NATO ist oder nicht. Denn jedes NATO-Mitglied ist autonom in Bezug auf die Frage, was es als Hilfe für die Ukraine leistet und was es an Waffen produziert und wofür. Es gilt also klarzustellen, welche Solidarität und welche politische Logik wir wollen: Nein zu Waffen für Israel und die mit Frankreich verbundenen afrikanischen Staaten, ja, um der Ukraine zu helfen.
Gleichzeitig gibt es auf der Linken einen großen Nachholbedarf an politischen Debatten darüber, was die Transformationen Russlands und Chinas im Rahmen der kapitalistischen Globalisierung nach 1989 darstellten – und über den Pseudo-Multilateralismus“, der angeblich antiimperialistisch sei. Es geht darum, den geopolitischen und „campistischen“ Sichtweisen – die sich für einen Hauptfeind entscheiden und über die „Feinde meiner Feinde“ schweigen – einen Internationalismus von unten entgegenzusetzen. Das ist Teil der europäischen politischen Herausforderungen, die wir organisch mit den fortschrittlichen Kräften in der Ukraine und denen, die sich mit ihnen in Russland solidarisieren, teilen müssen. Leider treibt die zunehmend faschistische Repression in Russland letztere ins Exil, steckt sie ins Gefängnis oder bringt sie um. Gleichzeitig tragen die von Putins Kräften in der Ukraine begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum antirussischen Hass bei, der in einigen Linken als „ukrainischer Nationalismus“ stigmatisiert wird, während diese gleichzeitig der Meinung sind, dass das ukrainische Volk seinen Widerstand aufgeben sollte.
Putin hat viel größere Schwierigkeiten als man denkt, weil die Aggression gegen ein unabhängiges Land für alle Länder problematisch ist, die nach dem Zerfall der UdSSR ihre Unabhängigkeit erlangt haben, wie zum Beispiel Kasachstan oder auch Weißrussland. Die Legitimität des bewaffneten und unbewaffneten Widerstands kann die Macht Putins erschüttern. Er hat Angst davor, die Bevölkerung für diesen Krieg zu mobilisieren. Daher zieht er es vor, Freiwillige in den ärmsten Regionen oder unter den zum Tode Verurteilten „einzukaufen“. Er versucht, Proteste, insbesondere von Müttern, Frauen und Schwestern von Kämpfern, die zur Schlachtbank geschickt wurden, durch materielle „Entschädigungen“ abzuschwächen. Die Kriegswirtschaft treibt die Inflation in die Höhe und belastet alle nationalen Gemeinschaften des „Russischen Reichs“, indem sie die Ungleichheit verschärft.
Trumps Präsidentschaft und der „Frieden“, den er erzwingen will, wird Putin helfen – mit vielen Unwägbarkeiten und einer Neukonfiguration, nicht aber mit einer Stabilisierung, der EU. Denn es wird keinen dauerhaften Frieden mit einer regressiven Sozialpolitik und Besatzung geben – weder in der Ukraine noch in Palästina oder anderswo. Wir haben keine andere Wahl, als die solidarischen Kämpfe von unten, an mehreren Fronten und mit den ukrainischen progressiven Kräften in/gegen/außerhalb der EU zu unterstützen.
CZ: Wir haben jetzt die Themen Ökologie, Soziales und Widerstand gegen Rechtsextremismus und Krieg angesprochen. Hast du Ideen, wie wir konkrete Ansätze entwickeln könnten, auf deren Grundlage wir gemeinsame europäische Kampagnen starten könnten, oder Projekte, die wir verschiedenen linken Kräften in den Ländern zur Diskussion unterbreiten könnten, um gemeinsame Kampagnen zu führen? Es geht darum, den Themen, über die wir gesprochen haben, einen konkreten Ausdruck zu verleihen. Man muss taktische und strategische Entscheidungen treffen. Auch wenn es anfangs vielleicht künstlich oder voluntaristisch ist, sollten wir diese Debatte beginnen. Was denkst du darüber?
CS: Das erfordert Debatten und Entscheidungen, daher höre ich mir selbst Vorschläge an. Was mich am meisten beschäftigt, ist die Antwort auf diejenigen, die sich als Pazifist:innen bezeichnen. Denn dahinter stehen legitime Motive. Wir haben bereits die Kritik an den Militärausgaben im Gegensatz zu den Sozial- und Umweltausgaben erwähnt, dazu kommt das verständliche linke Misstrauen gegenüber einer Regierung Zelensky, die Israel, der NATO und der EU huldigt. Aber diese Haltung ist blind gegenüber zwei Schlüsselaspekten: einerseits gegenüber dem Charakter des Herrschaftssystems in Russland und der Geschichte der großrussischen Unterdrückungsverhältnisse in der Ukraine; und andererseits gegenüber dem, was die ukrainische Gesellschaft insbesondere seit 1991 ist und ihrem erstaunlichen täglichen Widerstand an allen Fronten: bei der Verteidigung der öffentlichen Gesundheits- und Bildungsdienste, bei den von der Bevölkerung getragenen Innovationen im Drohnenkrieg und bei der Reparatur der Schäden, die durch die russischen Luftschläge verursacht wurden.
Dieser „Pazifismus“ verschleiert die Aggression und den Widerstand von unten, die uns sehr wohl berühren. Daher müssen wir die Friedensfrage und die Frage einer Antikriegsbewegung politisieren, indem wir Verbindungen von unten mit den progressiven Kräften in der Ukraine herstellen. Das entspricht einer Fortsetzung der Arbeit des ENSU-Netzwerks in der Ukraine. Aber ich denke, dass die radikale Linke diese Herausforderung mit derjenigen verbinden muss, die mit einer großen internationalen Sensibilität für das, was in Palästina passiert, einhergeht. Das ist keine rein europäische Aufgabe, aber wegen des Krieges auf dem europäischen Kontinent ist es wichtig, eine „dekoloniale“ Antikriegsbewegung gegen die Besatzungen in der Ukraine und in Palästina voranzubringen und gleichzeitig die Militarisierung und die Militärblöcke zu bekämpfen. Das ermöglicht auch eine Diskussion darüber, wie ein globalisierungskritischer Ansatz für die so genannte „europäische Verteidigung“ aussehen könnte, ein linker und konkreter Ansatz für das Streben nach einem Leben in Frieden. Also müssen wir uns den Begriff des gerechten und dauerhaften Friedens zu eigen machen. Das ist es, was ich mit „dekolonialer Antikriegsbewegung“ meine.
CZ: Wir müssen mehr darüber nachdenken, wie man den ukrainischen Widerstand und die Solidarität mit Palästina mit der Herrschaft des fossilen Kapitals und der Dominanz der fossilen Energieträger verbinden kann. Russland ist eine komplett fossile Wirtschaft. Die Diktatur könnte keinen Krieg führen, wenn sie nicht Öl und Gas verkaufen könnte. Israel-Palästina und alle geoökonomischen Bestrebungen der Golfstaaten, insbesondere Saudi-Arabiens und der Emirate, stehen im Zentrum der weltweiten fossilen Wirtschaft. Der Staat Israel nimmt bei der US-Strategie für den Nahen Osten eine Schlüsselrolle ein. Solange wir nicht in der Lage sind, die Macht dieser Länder und die Macht der multinationalen Konzerne, die mit diesen Ländern verbunden sind, konkret in Frage zu stellen, können wir die Energiefrage und die Erderwärmung nicht lösen. Und in diesem Zusammenhang gibt es zwei Kriege: den Krieg Russlands gegen das ukrainische Volk und den des Staates Israel mit seiner gesamten geostrategischen Rolle im Nahen Osten gegen das palästinensische Volk.
CS: Ja, ich habe mich nicht explizit genug über die fossilen und energetischen Herausforderungen geäußert. Das ist sowohl politisch als auch ökologisch wichtig. Öl und Gas nähren und finanzieren Putins Krieg. Die Falle besteht jedoch darin, dass das russische Gas teilweise durch LNG-Importe aus den USA ersetzt werden. Für mich ist die interessante Formulierung also die europäische Autonomisierung mit alternativen Energien statt fossilen Brennstoffen. Ich bin nicht kompetent, also stelle ich dir die Frage: Wie können wir den Import russischen Gases stoppen, ohne vom Import von Gas aus anderen Ländern abhängig zu werden? Kann man von einer europäischen Planung für die Konversion des Energiesystems sprechen?
CZ: Der Umbau des Energiesystems ist nur möglich, wenn auch das gesamte Industriesystem ökologisch umgebaut wird. Das schließt die Konversion und den teilweisen Rückbau der Automobilindustrie, der Stahlindustrie und anderer Industriezweige ein. Die Stahlindustrie ist sehr energieintensiv. Bisher brauchte man für die Stahlproduktion Kohle oder Gas, nicht nur als Energiequelle, sondern für den Prozess der Reduktion des Eisenerzes. Nun kann man diesen Prozess mithilfe von Wasserstoff durchführen. Aber es gibt bei Weitem nicht genügend grüner Wasserstoff und dieser grüne Wasserstoff kann unmöglich autonom in Europa erzeugt werden. Wenn man die ökologische Dimension respektiert, muss man deshalb die Stahlproduktion absolut reduzieren. Wenn wir das tun, haben wir die Debatte über die Automobilindustrie, denn die Automobilindustrie ist einer der großen Stahlverbraucher. Man muss die Produktion von Autos massiv um mindestens 80% reduzieren und ein System des kollektiven Verkehrs in allen Formen, die du dir vorstellen kannst, schaffen. Das ist nur ein Beispiel. Wir brauchen eine radikale Debatte über die chemische Industrie, um die Produktion von Plastik und chemischen Düngemitteln wie Ammoniak als Düngemittel in der Landwirtschaft zu reduzieren. Diese Industrien sind enorme Quellen von Treibhausgasemissionen. Das heißt, wir treten dann in eine kumulative Debatte in allen Sektoren ein. Und genau aus diesen Gründen brauchen wir eine kontinentale Vision. Denn es schlicht unmöglich, diese Probleme auf nationaler Ebene zu lösen und autonom in Europa sind sie ebenfalls nicht lösbar.
CS: Du hast mich gefragt, welche Ziele wir versuchen könnten, uns zu setzen. Und ich antwortete auf ökologische und soziale strategische Kombinationen einerseits und andererseits auf die unmittelbare Anti-Kriegs-Bewegung. Aber jetzt stelle ich dir noch einmal die gleiche Frage bezüglich der Herausforderungen, die du gerade angesprochen hast. Lass uns zum Beispiel über einige europäische Schlüsselbranchen nachdenken, zum Beispiel die Automobilindustrie. Wir benötigen Analysen der Produktionsbedingungen und der ökologischen Dimensionen der Produktion in der Automobilbranche.
Es gilt in verschiedenen Branchen zu erkennen, welches die Schlüsselländer sowie die gewerkschaftlichen und politischen Schlüsselsektoren sind, und wo es politische Ansatzpunkte in einer solidarischen und ökologischen Perspektive gibt. Deutschland ist heute im Rahmen der Europäischen Union in einer tiefen Krise, die auch eine Krise des europäischen Integrationsprozesses mit sich bringt. Das deutsche Wunder der letzten beiden Jahrzehnte beruhte auf billiger Energie aus Russland, billiger Arbeitskraft in China und dem chinesischen Absatzmarkt, und drittens auf einem expandierenden internationalen Handel, insbesondere in der Automobilbranche. All dies steckt jetzt in einer Krise. Was wird diese Krise in Deutschland unter dem Gesichtspunkt der Umstellung von Schlüsselindustrien bewirken? Und wie wirkt sich das auf andere Länder aus? Also beispielsweise Italien und Frankreich, um einige Schlüsselländer herauszugreifen?
CZ: Das ist eine Schlüsselfrage. Ich denke gerade an Deutschland, wo es eine breite Sorge über die Automobilindustrie und die Stahlindustrie gibt. Der Volkswagen-Konzern kündigte Anfang September an, dass er die sogenannte „ Beschäftigungssicherung“, eine Vereinbarung die der Konzern Mitte der 1990er Jahre mit der IG Metall abschloss, beenden wird. [8] VW will Produktionsstätten in Deutschland schließen. Das war ein Schock, denn das hatte es in den letzten 30 Jahren noch nie gegeben.
VW will eine sehr tiefgreifende Umstrukturierung einleiten. Natürlich gibt es Diskussionen über industrielle Konversion, aber diese sind sehr begrenzt. Es gibt einige Personen in der Luxemburg-Stiftung, die dazu gute Arbeit leisten. Es gibt ein paar Forscherinnen und Forscher und kleine ökosozialistische Kreise, die daran arbeiten, aber das ist völlig marginal.
Die Führung der IG Metall, einschließlich der mittleren Gewerkschaftsbürokratie, tut das, was sie immer getan hat, nämlich ihre Standorte und Arbeitsplätze in einer Logik der Standortkonkurrenz gegen Arbeiter:innen anderswo zu verteidigen, indem sie weitere Flexibilisierungen der Arbeitsorganisation akzeptiert. Am 20. Dezember einigten sich Konzernleitung, Betriebsrat und die IG Metall im Tarifstreit: 35 000 Stellen werden abgebaut, massives Sparpaket, Produktionskapazität in Deutschland wird auf 700 000 Fahrzeuge reduziert, die übrigen Beschäftigten erhalten eine Jobgarantie bis 2029, Nullrunde bei den Löhnen, Mittel für Lohnanpassungen fließen in einen Fonds zur Flexibilisierung, das Werk in Dresden wird geschlossen, jenes in Osnabrück verkauft.[9]
Das Management von Volkswagen und anderen multinationalen Konzernen leiteten vor einem Jahrzehnt die „Antriebswende“ ein, das heißt eine Umstellung der Motoren auf Elektroantrieb, aber ohne Änderung des Transportsystems. Die IG Metall begleitete diese Ausrichtung. Stattdessen braucht es aber einen Wechsel von diesem autobasierten Transportsystem hin zu kollektiven öffentlichen Verkehrsmitteln. Aber leider ist das immer noch eine sehr minoritäre Orientierung, auch innerhalb der Gewerkschaften.
Ich habe den Eindruck, dass vor sechs Jahren, zu Beginn der zweiten Welle der Klimabewegung, also 2018-19, der Spielraum sogar größer war, um das zu diskutieren. Jetzt müssen wir darüber nachdenken, mit welchen Initiativen wir die Umbauperspektive gesellschaftlich breit verankern können. Man muss diese Debatte auf transnationaler, europäischer und kontinentaler Ebene führen. Sobald wir uns auf die nationale Ebene beschränken, begeben wir uns in eine Logik der Verteidigung des eigenen Standorts und das ökologisch und einer emanzipatorischen Perspektive unsinnig.
CS: Das wirft das Problem der multinationalen Konzerne und der Organisationsfähigkeit der Gewerkschaften in diesen auf. Aber wenn die gewerkschaftliche Organisation national bleibt, ist das ein Problem. Wir müssen also konkrete Analysen der Branchen und ihrer Transformation erstellen.
CZ: In der Stahlindustrie arbeiten nicht viele Menschen. Aber für das industrielle System und ökologisch betrachtet ist es eine Schlüsselindustrie. Viele andere Branchen verwenden Stahl. Auch hier gibt es jetzt einen echten Backlash. Vor einigen Jahren haben multinationale Konzerne angekündigt, Umstrukturierungsprojekte in Richtung Wasserstoff zu starten. Jetzt fahren sie diese Programme runter. Sie sagen, dass sie nicht funktionieren und zu teuer sind. Das Produkt bleibt Stahl, unabhängig davon, wie man ihn herstellt. Aber wenn man ihn im internationalen Wettbewerb auf eine teurere Weise produziert, verliert man Märkte.[10]
Thyssen-Krupp zum Beispiel, der große Stahlkonzern in Deutschland, kündigte vor einigen Jahren an, einen Umstellungsprozess auf Stahl einzuleiten, der mithilfe von Wasserstoff hergestellt wird. Jetzt sagt das Management des Konzerns „Nein, das geht nicht“. Vor einigen Tagen hat es sogar angekündigt, 5 000 Arbeitsplätze zu streichen und 6 000 Arbeitsplätze an andere Standorte zu verlagern.[11] Der Konzern ArcelorMittal hat sich die Perspektive des „grünen Stahls“ nicht zu eigen gemacht. Und die Hersteller in den USA, China und Korea tun es auch nicht. Was wir jetzt sehen, ist ein echter „fossiler Backlash“. Die Klimabewegung und die ökosozialistische Linke wissen nicht, wie sie darauf reagieren sollen. Und die Gewerkschaften sind in der klassischen Logik des Standortwettbewerbs und der Standorterhaltung gefangen. Wie kann eine europäische ökosozialistische Debatte über diese Herausforderungen in Gang gebracht werden? Welche Vorschläge könnte die Vierte Internationale einbringen?
CS: Man muss es schaffen, Vermittlungsebenen zu finden, um in der Lage zu sein, zu analysieren und zu handeln. Was können wir also tun? Es gibt also mehrere Ebenen des Denkens und Handelns, auf denen trotzdem etwas passiert.
Was die breite Ebene der Bündnisse zivilgesellschaftlicher Organisationen betrifft – ohne einer Wiederbelebung der ehemaligen Sozialforen das Wort zu sprechen: Im April 2024 gab es in Marseille ein Treffen des sogenannten gemeinsamen europäischen Raums für Alternativen (Espace Commun Européen) [12]. Ökologische und soziale Themen stehen mit Zentrum, aber das Ganze ist derzeit noch sehr begrenzt, und die Kriege waren kein Thema. Ein positiver Aspekt war jedoch die Suche nach einer europäischen Dimension: Es war nicht einfach nur ein französischer Anlass, obwohl er in Marseille stattfand. Wir müssen weiter beobachten, was noch in den Anfängen steckt – dazu gehören auch die Überbleibsel des ehemaligen Alter Summit in Belgien, der seine Zukunft hinterfragt, besonders in Bezug auf seine Ziele mit den Gewerkschaften.
Auf der Ebene der Vierten Internationale läuft seit vielen Jahren ein Projekt – das weitergeführt wird – in Richtung deiner Anliegen, vor allem dank der langjährigen Arbeit von Daniel Tanuro zu ökologischen Fragen. Dieses Projekt hat sich in der Veröffentlichung eines ökosozialistischen Manifests konkretisiert, das beim letzten Internationalen Komitee der Vierten Internationale verabschiedet wurde. Was ist seine Stoßrichtung? Es geht darum ein erstes Projekt zu konkretisieren, das keineswegs als abgeschlossen oder perfekt zu betrachten ist, sondern als Arbeitsinstrument für Debatten mit anderen Strömungen und in allen Netzwerken dient, um ein neues „Übergangsprogramm“ für das 21. Jahrhundert zu erarbeiten, das globalisierungskritisch und antikapitalistisch ist und sich auf ökologische, soziale, feministische, egalitäre und antimilitaristische Herausforderungen konzentriert. Es ist möglich, mit diesem Instrument zu arbeiten.
Es braucht ein politisches Denken auf der Grundlage einer Analyse, die global ausgerichtet ist, allerdings mit einer strategischen europäischen Vermittlungsebene. Aber auch kleine und lokale Projekte in einer Gemeinde, einer Region, wo man Verbindungen zwischen Betrieben, öffentlichen Diensten und Wohngebieten herstellen kann, sind wichtig. Kurz gesagt, es geht darum Aktivitäten auf einem politischen „Territorium“ zu entwickeln, wo Kämpfe vorankommen und es ermöglichen, das zu verwirklichen, was wir anstreben, also mit den demokratischen Dimensionen, gesellschaftlich geplanten Entscheidungsprozessen und Solidarität. Solche selbstverwalteten, embryonalen Erfahrungen zu realisieren und sie bekannt zu machen, um sie auszuweiten, ist besser als jeder schöne, gut ausgearbeitete Text.
CZ: In diesem Zusammenhang ist die Erfahrung der Beschäftigten von GKN in Florenz zu nennen. Diese Fabrik war früher in der Automobilbranche tätig. Jetzt wollen die Beschäftigten Solarpanels herstellen.
CS: Ja, wir müssen dazu anregen, alternative ökosozialistische Erfahrungen zu machen. Der Verein Autogestion (Selbstverwaltung),[13] dem ich angehöre, arbeitet mit diesem Ansatz und will damit Erfahrungen machen, die populär gemacht werden sollen. Wir brauchen internationale Treffen.[14] Wir müssen einen Weg finden, Synergien zwischen Netzwerken und ähnlichen Ansätzen zu schaffen, die derzeit oft zersplittert sind.
CZ: Ja, die Herausforderungen sind enorm. Aber es gibt immer Situationen, die sozial und politisch neue Chancen für Selbstorganisation bieten und Hinweise darauf, wie sich Machtfrage stellen lässt. Catherine, danke, dass du dir die Zeit genommen hast, dieses Gespräch zu führen und deine Gedanken zu ökosozialistischen Ansätzen und Strategien auf europäischer und anderer Ebene mit uns zu teilen.
Christian Zeller und Catherine Samary führten das Gespräch online am 2. Dezember 2024.
Referenzen
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Christian Zeller und Catherine Samary führten das Gespräch online am 2. Dezember 2024.
[1] Siehe zu dieser interessanten Auseinandersetzung auch: Zeller, Christian (2006): Vom Nein zum Verfassungsvertrag zur gesellschaftlichen Aneignung Europas. In: A. Klein und P. B. Kleiser (Hrsg.): Die EU in neoliberaler Verfassung. Köln: Neuer ISP Verlag. S. 54-73.
[2] Antoine Artous, Dominique Mezzi et Catherine Samary: Peser sur l’émergence d’une autre Europe. Contretemps, 23 juillet 2012 https://www.contretemps.eu/peser-sur-lemergence-dune-autre-europe/, zuerst publiziert in Critique communiste n° 167, 2005 https://www.europe-solidaire.org/spip.php?article25559.
[3] AlterSummit, 2013 https://www.altersummit.eu/manifeste/article/le-manifeste-66
[4] Recommons Europe, Manifesto for a new popular internationalism in Europe, March 2019 https://www.cadtm.org/ReCommonsEurope-Manifesto-for-a-New-Popular-Internationalism-in-Europe. Catherine Samary et Christian Zeller hatten dieses Manifest unterzeichet.
[5] Vgl. neben dem zitierten kollektiven Beitrag den Text « Construire l’espace politique européen dans/hors/contre l’Union européenne. En défense de « communs » Contretemps, 8 janvier 2016 https://www.contretemps.eu/construire-lespace-politique-europeen-danshorscontre-lunion-europeenne-en-defense-de-communs/.
[6] Catherine Samary: Europe: No “LEXIT” without “Another Europe Possible” – based on struggles in/outside/against the EU. International Viewpoint, 21 September 2016. https://internationalviewpoint.org/spip.php?article4709
[7] Europäisches Netzwerk für Solidarität mit der Ukraine: Erklärung Zum Thema Waffen für die Ukraine und Kampf gegen Militarismus, 30. Oktober 2024 https://ukraine-solidarity.eu/manifestomembers/get-involved/news-and-analysis/news-and-analyses/europisches-netzwerk-fr-solidaritt-mit-der-ukraine-erklrung-zum-thema-waffen-fr-die-ukraine-und-kampf-gegen-militarismus
[8] Lazar Backovic: VW kündigt Jobgarantie auf – was heißt das für die Belegschaft? Handelsblatt, 11.09.2024 https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/volkswagen-vw-kuendigt-jobgarantie-auf-was-heisst-das-fuer-die-belegschaft/100068039.html
[9] Lazar Backovic, Martin Murphy: Einigung im VW-Tarifstreit steht – 35.000 Stellen sollen abgebaut werden. Handelsblatt, 20.12.2024 https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/vw-tarifverhandlungen-einigung-im-vw-tarifstreit-steht-35000-stellen-sollen-abgebaut-werden/100093900.html
[10] Klaus Stratmann: Ist der Traum vom grünen Stahl schon geplatzt? Handelsblatt, 14.10.2024 https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/industrie-ist-der-traum-vom-gruenen-stahl-schon-geplatzt/100076811.html
[11] Isabelle Wermke, Martin Murphy: Thyssen-Krupp soll konkurrierendes Angebot abgelehnt haben. Handelsblatt, 28.11.2024 https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/stahlhersteller-thyssen-krupp-steel-baut-5000-arbeitsplaetze-ab/100090651.html
[12] Espace commun européen pour les alternatives (ECSA), 29. Mai 2024 https://france.attac.org/se-mobiliser/espace-commun-europeen-pour-les-alternatives-ecsa/ ou encore L’ECSA, un nouveau réseau européen https://spaceforalternatives.eu/fr/qui-sommes-nous/
[13] Association autogestion. Qui sommes nous? https://autogestion.asso.fr/qui-sommes-nous/
[14] Consolidation du réseau international de l’économie des travailleur-se-s à Rosario https://autogestion.asso.fr/consolidation-du-reseau-international-de-leconomie-des-travailleur-se-s-a-rosario/