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Die revolutionären Bewegungen in Tunis und Kairo seit Anfang 2011, die Bewegung der Indignados in Spanien und die Revolte gegen die autoritäre Troika-StatthalterRegierung Samaras in Griechenland, Occupy Wall Street sowie die Rebellionen in Istanbul und São Paulo im Frühjahr und Sommer 2013 waren allesamt städtische Volkserhebungen. In unterschiedlicher Weise und in ihrer jeweils spezifischen Dynamik haben sie machtvoll gezeigt, wie wichtig die urbane Infrastruktur, der Zugang zu Bildungs-, Versorgungs- und Transportmöglichkeiten für den Lebensalltag von Millionen und Milliarden von Menschen ist.
Konflikte um das urbane Leben werden in den nächsten Jahrzehnten viele politische Auseinandersetzungen weltweit prägen. Seit etwa 2010 lebt die Mehrheit der Menschen in Städten, vor hundert Jahren wohnten erst zwei von zehn Menschen in urbanen Gebieten. Der UN-Habitat-Bericht von 2013 über den Zustand der Städte geht davon aus, dass bis zur Mitte dieses Jahrhunderts sieben von zehn Menschen in städtischen Gebieten leben werden. Das Wachstum der Städte verläuft allerdings sehr ungleich. Während die städtische Bevölkerung in den reichen kapitalistischen Ländern nur noch in Wachstumsregionen weiter zunimmt, sind es vor allem die Megastädte in den Schwellenländern und den abhängigen Ländern, die in den kommenden Jahrzehnten weiterwachsen und neue Groß- und Megastädte hervorbringen werden.
Weiterhin wandern Millionen von Menschen vom Land in die Stadt. Sie hoffen, dort bessere Bedingungen für das Überleben und Aufstiegsmöglichkeiten zu finden. Aber nur einer Minderheit eröffnet das Leben in einer Riesenstadt wirklich eine Chance, die soziale Hierarchie hochzuklettern. In den Megacities in den Schwellenländern und abhängigen Ländern konzentrieren sich Millionen von Menschen, die unqualifizierte, ungeschützte und schlecht bezahlte Arbeit unter prekären Bedingungen leisten müssen. Die soziale und räumliche Segregation wird zur Norm. Vor wenigen Jahren umfasste die informelle Arbeiterklasse etwa 1,7 Milliarden Menschen, also rund 55% der weltweiten Erwerbsbevölkerung außerhalb der Landwirtschaft. Die Trennung in formale Arbeitsverhältnisse und informelle Arbeit ist im globalen Maßstab kaum mehr möglich und sinnvoll. Große Teile der Arbeitskräfte arbeiten in einem Kontinuum von mehr oder weniger unsicheren Arbeitsverhältnissen. Die Migration, die Etablierung globaler Wertschöpfungsketten und zahlreiche Formen des Bezugs von Zwischenprodukten verleihen dem Kapital die Möglichkeit, ein riesiges Reservoir von billigsten Arbeitskräften zu nutzen. Wir erleben eine Globalisierung der von Marx beschriebenen industriellen Reservearmee, die allerdings räumlich ungleich und konzentriert auftritt (…)