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Endlich. Für den 27.September ist sie nun also angesetzt, die längst überfällige Großdemonstration durch Berlin, die sich gegen die deutsche Komplizenschaft im Genozid in Palästina wendet und Klartext spricht: „Stoppt den Völkermord – Keine Waffen nach Israel – humanitäre Hilfe jetzt“!
Während diese Forderungen in den meisten europäischen Hauptstädten für die politische Linke eine Selbstverständlichkeit sind und dort regelmäßig Massen gegen den anhaltenden Genozid Israels auf die Straßen ziehen, bleibt die Solidarität mit den Palästinenser:innen in Deutschland bisher vergleichsweise gering. Dies dürfte vor allem daran liegen, dass es ihren Gegner:innen gelungen ist, die entstehende Bewegung mit brachialer Staatsgewalt und wahnwitziger medialer Hetze zu marginalisieren. Was zudem bisher fehlte bzw. aktiv verhindert wurde, war der Schulterschluss der Aktivist:innen und der migrantischen Communities mit den großen Menschenrechtsorganisationen und der im Bundestag stark vertretenen Partei Die Linke. Gerade Letzteres war in den letzten Monaten nicht nur verwirrend, sondern ein Trauerspiel. Im Frühsommer hieß es zunächst, die Partei werde sich an der Organisation einer Großdemonstration im Juli beteiligen. Der Juli verging doch die angekündigte Demonstration fand nicht statt. Nicht einmal ein offizielles Statement war zu vernehmen. Erst auf Drängen einiger Journalist:innen gab man zähneknirschend bekannt, die Demonstration müsse wegen „organisatorischer Probleme“ verschoben werden. In mehreren Interviews redeten sich die beiden Parteivorsitzenden dann um Kopf und Kragen und glänzten mit widersprüchlichen und teilweise zweifelhaften Aussagen.
Dass es innerhalb der Linkspartei nach wie vor so schwerfällt, den anhaltenden israelischen Genozid beim Namen zu nennen und entsprechende Konsequenzen zu fordern, dürfte letztlich vor allem daran liegen, dass entscheidende Leute innerhalb der Partei schnellstmöglich regierungsfähig werden wollen. Wer regieren will, darf aber von der „Staatsräson“ nicht zu weit abweichen und aus Angst vor dem Hause Springer wurden zuletzt sogar eigene Genoss:innen von Parteigrößen fallen gelassen.
So erbärmlich das Prozedere um die Demonstration bisher auch war, darf man das diesbezüglich wichtigste nun nicht aus den Augen verlieren. Die Partei hat sich schlussendlich dazu durchgerungen, für den 27.09 zu einer Großdemonstration zu mobilisieren. Der Demonstrationszug soll zur Kundgebung „All Eyes on Gaza — Stoppt den Genozid!“ führen, welche am gleichen Tag vor dem Bundestag stattfinden soll und bereits vorab von der Palästinensischen Gemeinde Deutschland, eye4palestine, Amnesty International und medico international angekündigt wurde. Die Initiator:innen und Veranstalter:innen der Kundgebung hatten einen sehr guten Ankündigungstext verfasst und dieser wurde nun für den Demonstrationszug übernommen. Glücklicherweise geht der Text weit über das hinaus, was man zuletzt von der Linken erwartet hätte oder befürchten musste. Der Genozid wird beim Namen genannt, die deutsche Beteiligung unmissverständlich verurteilt und von der Bundesregierung gefordert, jegliche militärische Kooperation mit Israel zu beenden. Der Text fordert „die Verwirklichung des Rechts auf individuelle und kollektive Selbstbestimmung und Gleichberechtigung der Palästinenser:innen“. Auf dieser Grundlage gilt es nun eine Massenbewegung aufzubauen, um maximalen Druck für einen Politikwechsel gegenüber Israel auszuüben. Eine soeben versendete Mail der beiden Vorsitzenden an die Parteimitglieder klingt vielversprechend: „Wir wollen, dass aus dem ganzen Land Busse nach Berlin fahren. Nur so schaffen wir es, dass am 27. September Hunderttausende für die Menschen im Gazastreifen auf die Straße gehen – und Merz endlich einknickt“. Chapeau!
Bei vielen Aktivist:innen, die sich seit bald zwei Jahren in Sachen Palästinasolidarität engagieren, dürfte sich eine Menge Frust aufgebaut haben. Das ist mehr als verständlich. Zu lange wurden sie allein gelassen, teils mit fatalen Konsequenzen. Doch ist nun der falsche Zeitpunkt, um nachtragend zu sein. Zu groß ist das Leiden der Palästinenser:innen, zu groß die deutsche Mittäterschaft und zu groß die reale Chance einen breit abgestützten Stimmungswechsel herbeizuführen. Der politische Gegner hat dies bereits erkannt und bringt sich in Stellung. Der Aufruftext bietet nun die Chance zusammen zu stehen und sich nicht mehr spalten zu lassen. Das bedeutet auch sich nicht provozieren zu lassen und nicht über jedes Stöckchen zu springen. Machen wir den 27.09 zum Startpunkt für eine Massenbewegung gegen den Genozid in Palästina. Alle zusammen nach Berlin – zusammen für Gaza!
