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Sameh Naguib ist ein bekannter Exponent der Revolutionary Socialists in Ägypten, er ist Soziologe und hat ein PhD in Development Studies. Er arbeitet seit kurzem als Gastforscher an der School of Oriental and African Studies in London. Sameh Naguib hielt am 11. Juni eine Vorlesung an der Universität Salzburg im Rahmen einer Ringvorlesung in Global Studies über die Umbrüche im Mittleren Osten. Christian Zeller und Sameh Naguib führten das Gespräch am 12. Juni 2015 in Salzburg.
Christian Zeller: Sameh, der ägyptische Präsident hat vor kurzem Deutschland besucht und wurde von der Bundesregierung und den Medien ausgesprochen freundlich empfangen. Gleichzeitig wurde bekannt, dass einige multinationale Konzerne – sowohl deutsche als auch andere – erfolgreich große Geschäfte mit Ägypten in unterschiedlichen Sektoren der ägyptischen Wirtschaft abschlossen. Um die aktuelle Situation im Land zu verstehen, bitte ich dich nun zunächst die wichtigsten Kennzeichen des ägyptischen Regimes zu charakterisieren.
Sameh Naguib: Es ist wichtig die Entwicklung dieses Prozesses zu betrachten. Abd al-Fattah as-Sisi war unter Hosni Mubarak Chef des militärischen Nachrichtendienstes. Er war ein wichtiges Mitglied des SCAF, des Obersten Rats der Streitkräfte Ägyptens, und gehörte dementsprechend zum Kern des alten Regimes. Dieser Mann wurde von Mohammed Mursi, dem Mitte Juni 2012 gewählten Präsidenten, zum Verteidigungsminister ernannt und führte am 3. Juni 2013 schließlich einen Putsch gegen dessen Regierung aus. Anschließend folgte eine Übergangsphase, in der der Chef der Übergangsregierung das Präsidentenamt ausübte, bis Sisi formal zum Präsidenten gewählt wurde und am 8. Juni 2014 die Präsidentschaft übernahm. Dieser Putsch genoss jedoch eine breite Zustimmung in der Bevölkerung, obwohl es sich um einen klassischen Militärputsch handelte (…)