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Es gab und gibt der Apologien des historischen Stalinismus und seines Terrorsystems viele, direkte wie indirekte. Sie alle eint, dass sie die Grenze zwischen historischer Erklärung bzw. historischem Verstehen auf der einen und politischer Entschuldigung bzw. Rechtfertigung auf der anderen Seite offen oder latent überschreiten. Und in der Regel liegt ihnen allen der gleichsam geschichtsphilosophische Gedanke zugrunde, dass die stalinistische Ausübung von Gewalt und Terror als Übergangsphänomen einer geschichtlich einmaligen Notsituation nicht nur zu verstehen, sondern auch irgendwie zu tolerieren sei, dass die unmenschlichen Mittel, so fern man ihnen auch an sich stehen mag, gerechtfertigt seien zur Erlangung des an sich emanzipatorischen, um nicht zu sagen: humanistischen Ziels. Noch der schlechteste Sozialismus sei fortschrittlicher als der beste Kapitalismus, weil er helfe, diesen historisch zu überwinden… Dass in solcher Geschichtsphilosophie ein gerüttelt Maß an Gläubigkeit steckt, ist bekannt. Doch es hatte auch etwas von einer Wette auf die Zukunft, die die Apologeten des Stalinismus hier eingingen: Wenn wir es nur durchstehen, werden wir auf diesem Wege das Tal der Tränen erfolgreich hinter uns lassen und einen Weg öffnen in eine lichtere Zukunft (…)