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Auch in den USA sind die Gewerkschaften in einer umfassenden Krise. Sie haben sich dem Neoliberalismus als spezifische Form gesellschaftlicher Herrschaft untergeordnet. Die Bestrebungen für ihre Erneuerungen haben nur bescheidene Erfolge gebracht. An verschiedenen Orten sind deshalb Arbeiterversammlungen entstanden, die in den lokalen Gemeinschaften verankert sind und Lohnabhängige über alle Branchengrenzen hinweg individuell ansprechen. Solche neuen, intermediären Organisationsformen können wesentlich dazu beitragen, eine neuartige klassenbasierte Politik zu entwickeln. Solange die Gewerkschaften jedoch ihren Partikularismus für bestimmte Kategorien von Lohnabhängigen nicht zugunsten einer Strategie der Vertretung der Lohnabhängigen im breitesten Sinne aufgeben, werden sie sich nicht erneuern können. Der nachstehende Beitrag nennt Anknüpfungspunkte, wie Organisationen der Lohnabhängigen ein umfassendes Klassenverständnis entwickeln können. (CZ)
Nachdem die Gewerkschaften drei Jahrzehnte hindurch als gesellschaftliche Kraft geschwächt wurden, können wir ihre im Großen und Ganzen blutleere Reaktion auf die große Finanzkrise nur noch konstatieren. Sie haben es verpasst, die goldene Gelegenheit zu ergreifen, die durch die Occupy-Bewegung geschaffen wurde. Diese hat bewiesen, dass kühne Aktionen einen populistischen Nerv berühren können. Die Gewerkschaften hingegen haben mit ihrer Strategie zur Abwahl des Gouverneurs in Wisconsin 2012 über ein Jahr nach der vorbildlichen Besetzung des Parlamentsgebäudes in Madison, allerdings sechs Monate vor dem Beginn von Occupy Wall Street eine Niederlage eingefahren. Die Linke ist heute nun mit der beunruhigenden Frage konfrontiert: Ist eine Verjüngung der Gewerkschaften wirklich noch möglich, oder haben sie aufgehört, eine wirksame historische Organisationsform zu sein, in der sich die Lohnabhängigen organisieren? Um es klar zu sagen: Die Frage lautet nicht, ob Gewerkschaften und gewerkschaftlich geführte Kämpfe dabei sind zu verschwinden. Die Gewerkschaften werden torkeln, manchmal sehr heldenhaft. Sie werden weiterhin Lohnabhängige organisieren, über Tarifverträge verhandeln und sich um Missstände kümmern. Sie werden auch weiterhin streiken, Protestmärsche organisieren, demonstrieren und uns bei Gelegenheit an die Potenziale erinnern, die in der Arbeiterklasse stecken. Aber die Gewerkschaften, wie sie gegenwärtig existieren, scheinen nicht mehr in der Lage zu sein, angemessen auf das Ausmaß der Probleme zu reagieren, mit denen die Arbeiterklasse konfrontiert ist – gleich ob am Arbeitsplatz, am Verhandlungstisch, in der lokalen Gemeinde, in der Wahlpolitik oder in der ideologischen Debatte (…)